Vorausmittel – Zwischenmittel


Vorausmittel

Zur Wirksamkeitssteigerung des nachfolgenden Mittels

Sulf als Vorausmittel bei Behandlung chronischer Krankheiten (und Acon bei akuten, entzündlichen Krankheiten): V. Bönninghausen gab sehr gerne vor Calc, aber auch vor Caust und anderen Antipsorika, Sulf als Vorausmittel, um die Wirksamkeit des nachfolgenden Calc oder Caust (oder die anderer Antipsorika) zu steigern (viele Beispiele in KMS S. 99 - 242):

„Manche Neulinge in der Homöopathie werden sich vielleicht darüber wundern, daß in den meisten hier erzählten Fällen eine Dosis Schwefel vorhergeschickt wurde. Es ist dies aber eine Folge der von dem Beginne meiner Praxis an durchgängig und aufs entschiedenste gemachten Erfahrungen, wonach in chronischen (psorischen) Krankheiten, wenn sonst die Symptome nicht widersprechen und der Schwefel nicht schon gemissbraucht ist, dieses Heilmittel die wohltätige Wirkung der späteren antipsorischen Arzneien und namentlich des Kalks, eben so befördert, als der Sturmhut in akuten entzündlichen Krankheiten.“[1] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

Psoricum (Psorin, Psorinum) als Vorausmittel vor Sulf, v.a. bei mit Schwefel unterdrücktem psorischem Hautausschlag oder unterdrückter Krätze (Beispiele vor allem aus den Jahren 1835 bis 1839)[2]:

„Nach meinen wiederholten Erfahrungen bringt Psor. sehr erwünschte Wirkung in den Fällen, wo bloß Schwefel gegen Krätze angewendet, sehr selten aber da, wo zugleich Quecksilber gegeben wurde. Gegen diese Komplikation scheint Psoricum nur ausnahmsweise ein hilfreiches simile darzubieten, und dann Causticum einen entschiedenen Vorzug zu verdienen.“[3]

 

 

[1] KMS 121 Anm. (1838)
[2] KMS 122 (1836 u. 1837) 128 (1836) 130 (1835) 182 (1836) 196 (1838) 213 (1836) 219 (1838) 223 (1836) 234 (1836) 235 (1836) 273 (1835)
[3] KMS 234 Anm. (1839)


Zwischenmittel

Zwischenmittel bei chronischen Krankheiten in SRA 2. Auflage, Juli 1833:

A) Bei zu großer Reizbarkeit, Überreiztheit und Überschmerzhaftigkeit, auch
infolge Quecksilber-Missbrauchs
 oder Unreizbarkeit und Reaktionsmangel.
   

z.B. Coff „bei allzu großer Empfindlichkeit und Schmerzhaftigkeit der kranken Teile,
     innerlicher Ärgerlichkeit und Schlaflosigkeit
“

oder Hep „abwechselnd mit Nit-ac bei Überreizung durch Missbrauch von Quecksilber“
     [Hervorhebung durch den Bearbeiter]

oder Op „bei nervöser Unreizbarkeit und mangelnder Reaktion der Lebenskraft“.
    Einnahme durch Riechen.
[1]

[Hahnemann: Die Wiederholungszeiten der Gaben durch Riechen sind nicht kürzer zu bemessen, als bei der Einnahme durch den Mund. [2]]  


B)  Nach Hahnemann: Bei nötiger Wiederholung von C 30 Potenzen, da die Lebenskraft nicht mehrere, oder zumindest zu viele Gaben des selben Mittels nacheinander, ohne Nachteile zu erregen, aufnimmt.  

Im Vorwort des SRA, 2. Auflage,
schreibt Hahnemann im Mai 1833, dass eine einzige kleinste Gabe, auch von hochpotenzierter Arznei (C 30), oft bei der Behandlung sowohl chronischer als auch akuter Krankheiten nicht ausreicht „um durch sie alle von derselben Arznei überhaupt zu erwartende Heilwirkung ausgerichtet zu sehen“. Gibt man aber mehrere kleinste Gaben oder größere Gaben, ist der Erfolg ungünstig, oft bewirken sie Verschlimmerung. Als Lösung dieses Problems beschreibt er dann die Gabe von Zwischenmitteln (beim Schwefel nach je drei Gaben, die anderen antipsorischen Mittel sind – nach Hahnemann – in meist weniger häufigen Gaben, mal mit, manche Mittel auch ohne Zwischenmittel zu reichen, und in zeitlichen Mindestabständen), da die Lebenskraft nicht mehrere, oder zumindest zu viele unveränderte Gaben desselben Mittels nacheinander, ohne Nachteile zu erregen, aufnimmt. Die Zwischenmittelgaben müssen sich nach der Natur der verschiedenen Arzneimittel sowohl, als auch nach der Körperbeschaffenheit des Kranken und der Größe seiner Krankheit richten. Das Zwischenmittel ist bei Sulf eine andere „nächst dem Schwefel hier vorzüglich homöopathisch dienliche Arznei“, also eine andere, aber möglichst gut homöopathisch passende Arznei.[3] Obwohl sich chronologisch später, wie im Organon (VI) beschrieben, durch die Anwendung der Q-Potenzen prinzipiell Zwischenmittel-Gaben erübrigen, ist die Tatsache, dass dem Heilmittel ähnliche Zwischenmittel dessen Wirksamkeit auffrischen können auch bei Q-Potenz-Gabe nicht uninteressant, und für v. Bönninghausens schnelle und gründliche Heilungen (in späteren Jahren meist mit C 200 Potenzen) bedeutsam.      


C)  Nach Hahnemann: Bei Schwefelmissbrauch in der Anamnese        .

„Am
 widerspenstigsten zeigt sich aber die Lebenskraft, den, obschon höchst indizierten Schwefel heilsam auf sich wirken zu lassen, zeigt sogar sichtbare Verschlimmerung des chronischen Übels...wenn der Schwefel schon vorher, (sogar jahrelang vorher), in großen Gaben allöopathisch gemissbraucht worden war.“ [Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

Dies wäre ein fast unüberwindliches Hindernis, aber das einmalige Riechenlassen an Merc metallicum C 30 (und dies Riechen etwa 9 Tage wirken lassen) hilft hier (diese Erfahrung stammt von Dr. Grießelich, Karlsruhe.).[4] Dies ist allerdings nur der Fall, falls Merc, was sehr oft zutrifft, den Schwefelsymptomen homöopathisch entspricht.[5] (Nach Aegidi helfen bei vorgängigem Schwefelmissbrauch – wie z. B. Thermalquellen – einige Gaben Puls, in wöchentlichen Abständen, und, in einem anderen Fall, ein bis zwei Gaben Merc C 30 um die Rezeptivität für Sulf zurückzugewinnen, wenn dieser nach einigen Gaben – obwohl noch angezeigt – nicht weiter wirkt[6]).

· Zwischenmittel (Doppelmittel) bei Zutritt einer akuten Krankheit zur chronischen Krankheit:        

V. Bönninghausen
 zitiert in HOM eine Übersetzung der Abhandlung des Herrn von Brunnow, den Übersetzer des Organons ins Französische, die dort als "zweckmäßige Zugabe" beigegeben ist:

„Ein anderes ist es mit dem Nebeneinanderwirkenlassen zweier Mittel, wie z.B. der Zwischenmittel bei chronisch Kranken, denen ein akutes Leiden zugestoßen ist. Dies ist jedoch nur da möglich, wo verschiedene Teile des lebenden Organismus auf verschiedene Art angegriffen sind, mithin kein antidotarisches Verhältnis zwischen den beiden Arzneimitteln obwalten kann. Da können, wie neuere Erfahrung lehrt, zuweilen zwei Arzneien, jede für sich, in höchster Potenzierung und kleinster Gabe einfach gereicht, heilend wirken, wenn sie streng homöopathisch gewählt sind, und beeinträchtigen sich in diesem Fall einander nicht. Indessen sind solche Fälle nur selten, und es gehört schon eine bedeutende Meisterschaft in der homöopathischen Heilkunde dazu, auf diese Weise richtig zu wählen und den beabsichtigten guten Erfolg zu erreichen, weil der Arzt dabei jederzeit das Charakteristische der Krankheiten wie der Arzneien beständig klar vor Augen haben muß, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, an der einen Seite mehr zu schaden, als er an der andern genützt hat.“[7] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

 

 

[1] SRA 2. Auflage XXX XXXI (Juli 1833)

[2] SRA XXIX (Mai 1833)

[3] SRA 2. Auflage XXI-XXVII (Mai 1833)

[4] SRA 2. Auflage XXVI (Mai 1833)

[5] KMS 97 (1838)

[6] ACS XII, Bd. 1, S. 125 126 (1832)

[7] HOM 167 168 (1833)