Mittelwahl

 

 

...dasjenige Mittel, welches der Mehrzahl der wesentlichsten Symptome am vollständigsten in Ähnlichkeit entspricht, ist das am sichersten heilende Spezifikum.[1]

 

Wie bereits erwähnt, ist ein vollständiges Krankheitsbild Voraussetzung für eine verlässliche Mittelwahl. Prüfungssymptome, die der Mittelwahl dienen, sind Erstwirkungen der geprüften Arznei.[2]

Die Grundsätzliche Vorgehensweise wurde oben schon beschrieben: Nach der Krankheitsform wird zuerst eine starke Vorauswahl getroffen und mit Hilfe des Individuellen, und zwar der Krankheit und des Kranken, innerhalb dieses Mittelpools differenziert. Die Arznei muss mit möglichster Vollständigkeit dem ganzen Symptomenkomplex der Krankheit und der Individualität des Kranken entsprechen.[3] Zunächst erfolgt die Aussonderung der allgemeineren, nicht näher bestimmten, fast bei jeder Krankheit und jeder Arzneiprüfung vorkommenden Symptome wie Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit usw. Diese Symptome bleiben vorläufig unbeachtet, außer sie zeigen sich durch besondere Beziehung zum ganzen Wesen der Krankheit von einigem Einfluss.[4]

 

In höherem Rang stehen die am meisten hervorstechenden Symptome und Beschwerden, welche dem Leidenden am lästigsten sind und die vorzugsweise ergriffene Organe, so wie das Generelle der Krankheit angeben. Die hierher gehörigen Symptome führen zuvörderst den Arzt auf diejenigen Mittel, welche Ähnliches in ihren Symptomenreihen darbieten und daher mit einander um den Vorrang streiten für den eben vorliegenden Fall. Um unter diesen hier konkurrierenden Mitteln nun die endliche Wahl zu treffen, dienen die auffallenderen, sonderlichen, ungemeinen und eigenheitlichen (charakteristischen) Zeichen und Symptome des Krankheitsfalles, die man nun vorzüglich und fast einzig fest im Auge fassen muß; denn vorzüglich diesen müssen sehr ähnliche in der Symptomenreihe der gesuchten Arznei entsprechen, wenn sie die passendste zur Heilung sein soll.[5]

 

Was in dieser Beziehung das Organon lehrt, enthält allerdings den eigentlichen, wahren Kern der Sache...Man sieht indessen, dass es hier dem Arzte selbst überlassen bleibt zu beurteilen, was unter den auffallenden, sonderlichen, ungemeinen und eigenheitlichen Symptomen zu verstehen sei,...[6] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

 

 

Wichtige, zu beachtende Symptome, sind:

 

1.   Der Geistes- und Gemütszustand des Patienten, und ganz besonders, wenn er sich mit Auftreten (oder auch kurz vor) der wahrnehmbaren Krankheit geändert hat.[7] Auch müssen Veränderungen des Geistes- und Gemütszustandes „...um so sorgfältiger ins Auge gefasst werden ... wenn solche nicht nur scharf ausgeprägt sind, sondern auch seltener vorkommen und daher nur wenigen Mitteln entsprechen. In allen diesen letzten Fällen hat man nun desto mehr Ursache, diese Zustände mit aller möglichen Genauigkeit klar aufzufassen, als dabei nicht selten die körperlichen Beschwerden in den Hintergrund treten und aus eben diesem Grunde wenig Anhaltspunkte darbieten, um unter den konkurrierenden Mitteln eine sichere Wahl zu treffen...". „Die geistige und gemütliche Individualität des Kranken gibt da die wichtigsten, oft fast die einzigen Anhaltspunkte für die Mittelwahl, wo es sich um Geistes- und Gemütskrankheiten handelt...“ Diese beiden Sphären Geist/Gemüt ergänzen sich meist: „...dass die Zeichen des Einen erst durch die des Anderen ihren vollen und entschiedenen Charakter erhalten.[8]
In zweifacher Beziehung ist die Gemütsbeschaffenheit des Erkrankten bei der Homöopathie zu beachten und von großer Wichtigkeit: Einmal gehört dieselbe als wesentlicher Teil zu dem Gesamt-Inbegriff der Symptome
, und das, den übrigen Beschwerden auch noch so gut entsprechende Heilmittel wird entweder keine, oder doch nur ungenügende Besserung bringen, wenn der Gemütszustand derartig ist, daß er dem eigentümlichen Charakter desselben widerspricht; - Andermal ist darin oft der eigentliche Ursprung der Krankheit zu suchen und damit dann auch in sehr vielen Fällen schon von vorn herein das angemessenste und hilfreichste Mittel angegeben. Es ist daher nötig, unter diesen beiden Gesichtspunkten abgesondert von dem Gemüt zu reden, und zwar zuerst von derjenigen Gemütsbeschaffenheit, welche bei vielen Mitteln fast notwendig zur Charakteristik derselben gehört, und dann von den Krankheiten, welche gewöhnlich eine Folge von mehr oder weniger heftigen Gemütsaffektionen zu sein pflegen und nicht selten große und gefährliche Beschwerden nach sich ziehen.[9] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

Nach RAL (Vorwort zu Pulsatilla) sollen die, der Arznei eigenen Geistes- und Gemütsveränderungen ähnlich denen, in der zu heilenden Krankheit, oder doch (zumindest) dem Temperament der zu heilenden Person sein.

Auch hat die Erfahrung gelehrt, daß die Anwendung unpassender Heilmittel bei Geisteskrankheiten viel länger dauernde und schwieriger wieder zu tilgende schädliche Nachwirkungen zurücklassen, als solches bei den meisten körperlichen Krankheiten der Fall ist, und daß man sich daher hierbei mit verdoppelter Sorgfalt und Umsicht vor Fehlgriffen in Acht zu nehmen hat.[10]

 

2.   Die allgemeine Körperbeschaffenheit und körperliche Individualität des Kranken, auch hier besonders, wenn sie sich im Verlauf der Krankheit geändert hat.[11]Die Erforschung dessen, was 'in gesunden Tagen dem Kranken eigen gewesen,' macht oft große Schwierigkeiten...Indessen darf man sich dabei einige Mühe nicht verdrießen lassen, weil die Veränderungen, welche vermittelst und während der gegenwärtigen Krankheit entstanden und an Geist und Körper beobachtet werden, durchgängig zu den charakteristischen Zeichen gehören, mithin von großer Erheblichkeit sind.[12]

Hierzu gehört z.B. auch eine ausgeprägte Vollsaftigkeit: „Diese übergroße Vollsaftigkeit ist ja in der Tat ebenso gut ein Krankheitssymptom, wie jede sonstige Abweichung vom normalen Zustand, und verdient in manchen Fällen bei der Mittelwahl weit mehr Berücksichtigung, als ihm häufig zu Teil wird...[der umsichtige Arzt wird] wenn diese Vollsaftigkeit von irgend einiger Erheblichkeit ist, und dadurch den Rang eines charakteristischen Krankheitssymptomes erlangt hat, sich zunächst unter folgenden Mitteln umsehen: Acon, Am-c, Am-m, Ant-c, Apis, Arn, Aur, Bell, Brom, Bry, Calc, Caps, Carb-v, Caust, Coloc, Croc, Cupr, Ferr, Graph, Hyos, Kali-c, Lyc, Phos, Rhus-t, Sars, Sel, Seneg, Sep, Sil, Stront, Sulf, Thuj und Valer, denen dieses Zeichen besonders entspricht.[13] [ Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

Unter „Vollsaftigkeit“ ist „allzu aufgedunsen und mit einem Übermaß von Säften begabt“ zu verstehen, nicht jedoch ödematöse Anschwellungen.[14]

(Wie bei vielen weiteren Rubriken sind hier – wie auch nicht anders zu erwarten – die in AHP genannten Hauptmittel vermehrt, unter Weglassung anderer, gegenüber dem TT46 !)

 

3.   Der Sitz der Krankheit, die betroffenen Gewebe, Körperstellen und Organe. „Der Sitz der Krankheit ... verdient aber doch noch besonders hervorgehoben zu werden, weil er sehr häufig ein charakteristisches Zeichen abgibt, indem fast jede Arznei mehr und entschiedener auf einzelne Teile des lebenden Organismus seine Wirkung äußert.“ [KMS 622 623] Besonders wichtig wird die Lokalisation der Krankheit bei den sog. Lokalübeln oder aber auch falls diese ein besonderes Charakteristikum einer Arznei darstellt, wie z.B. die, außer der Lokalisation durch nichts Besonderes sich auszeichnenden, Geschwüre oben auf den Gelenken der Finger und Zehen bei Sepia[15] und ggf. bei Bor.[16] Ein weiteres Beispiel für die Wichtigkeit der Lokalisation bei der Mittelwahl sind äußere Geschwüre in der Lendengegend und Nierengegend: „Solche äußerliche Geschwüre, die in der Nierengegend ihren Sitz haben, gehören oft zu den hartnäckigsten, und man erreicht seinen Zweck erst dann, wenn die anzuwendenden Mittel den, oft vernachlässigten Symptomen des vorhandenen Nierenleidens gehörig angepasst sind...Mehrere Erfahrungen haben uns belehrt, dass alle sonstigen, bei verschiedenartigen Geschwüren in der Regel so heilsamen Mittel, wenn ihnen nicht gleichzeitig die spezielle Wirkungsfähigkeit auf die Nieren angehört, bei dieser Art von Eiterungen völlig unwirksam bleiben, wogegen andere, welche diesem letzten Erfordernis entsprechen, übrigens bei Geschwüren seltener zur Anwendung kommen, die erfreulichsten Erfolge haben.[17] (Hauptmittel: Ars, CANTH, Chin, Hep, Lyc, Puls und Sil).

Die genauere anatomische und histologische Zuordnung von Symptomen und Zeichen der jeweiligen homöopathischen Medikamente wäre eine hauptsächliche Aufgabe von Nachprüfungen und würde „...zur wichtigen und wesentlichen Bereicherung und Vervollständigung unserer reinen AML weit mehr beitragen, als Massen von bloßen Bestätigungen älterer Symptome oder von Auffindung anderer, welche meistens an dem Mangel der Individualität leiden.[18]

 

 

4.   Charakteristische begleitende, d.h. gleichzeitig vorhandene, Symptome (nicht identisch mit „Begleitende Beschwerden“ des Therapeutischen Taschenbuches):

 

...dass der Wert solcher Nebensymptome für den beabsichtigten Zweck von großer Verschiedenheit ist... Zuvörderst kann man auch hier, wie schon früher erwähnt ist, alle diejenigen Nebensymptome fast ganz ausser Acht lassen, welche beinahe bei jeder Krankheit angetroffen werden und nicht etwa in auffallend hohem Grade sich bemerklich machen. Dasselbe gilt größtenteils von solchen Beschwerden, welche bei der vorliegenden Krankheitsgattung als konstante oder gewöhnliche Begleiter vorzukommen pflegen, es sei denn, dass sie durch sonstige seltene Eigentümlichkeiten sich auszeichnen und in dieser Beziehung etwas Charakteristisches darbieten.

 

       Dagegen sind wohl zu beachten alle derartige Nebensymptome[19], welche:

 

a)      in selteneren Fällen in Verbindung mit dem Hauptleiden, und demzufolge auch selten unter diesen Umständen bei den Arzneiprüfungen vorkommen;

 

b)      diejenigen, welche einer anderen Krankheitssphäre angehören, als der, zu welcher das Hauptleiden gehört,  und

 

c)      endlich solche, welche mehr oder weniger die charakteristischen Zeichen irgend einer Arznei an sich tragen, auch dann, wenn sie in den vorliegenden Verbindungen früher noch nicht beobachtet sind. Wenn nun außerdem unter diesen letztgenannten Nebenbeschwerden die eine oder die andere sich befindet, welche von der Art ist, dass sich darin der Genius eines Heilmittels deutlich und bestimmt abspiegelt, mithin ganz entschieden darauf hingewiesen wird, so erlangt dasselbe dadurch eine Wichtigkeit, welche selbst die des Hauptkrankheitssymptomes überwiegt und darf getrost als das passendste angesehen werden.[20] [ Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

So wurden mehrere äußerst wirksame und z.T. spezifische Mittel gegen manche Erkrankungen fast nur alleine durch die Nebenbeschwerden entdeckt, ohne dass die sonstigen, die Krankheitsgattung selbst betreffenden Symptome dazu Anleitung gegeben hätten, oder hätten geben können.[21]

 

Ganz ähnlich auch: „Aber das zeigt in entschiedener Art und Weise, dass...die [Gesamt-] Menge (der Inbegriff) der charakteristischen Symptome, nicht der Krankheit, sondern vielmehr des Arzneimittels, das Hauptsächlichste, ja beinahe das Einzige ist, auf das der Blick mit der größten Aufmerksamkeit gerichtet werden muss...[22]

 

 Deshalb ist eine profunde Arzneimittelkenntnis unentbehrlich für eine gute Anamnese und für das Erkennen wichtiger, wahlanzeigender Symptome in der Krankengeschichte:In diesem genauen Ausforschen des Gesamtbildes der Krankheit, in der ärztlichen Beobachtungskunst, in der Fähigkeit, das Wesentlichere von dem mehr Zufälligen zu trennen, und besonders in der schnellen Erkenntnis dessen, was das eine Mal von größter Wichtigkeit ist, das andere Mal aber fast gar keine Beachtung verdient, darin liegt hauptsächlich die Kunst des ausgebildeten Homöopathen...[23]

 

Aber nur der Arzt, welcher mit den reinen Kräften der Arzneimittel und mit der, jedem derselben eigentümlichen Wirkungssphäre vertraut ist, kann dieses beurteilen, indem das eine Mal ein gewöhnlich kaum zu beachtendes Symptom charakteristisch ist, während solches ein andermal gar keinen besonderen Wert hat und wenig Berücksichtigung verdient.[24] [ Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

 

      Der wahre Wert er einzelnen Krankheitssymptome ergibt sich also am häufigsten erst aus der Verbindung der Zeichen untereinander und ist eben deshalb nur bei guter Mittelkenntnis zu beurteilen:

...Überhaupt aber ist dieses Symptom [der seufzende Atem] gewöhnlich von so untergeordnetem Rang [für die Mittelwahl], dass der erfahrene Homöopath ihm nur selten eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken nötig finden wird. Wir glauben bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen zu dürfen, wie sehr eine vollständige Mittelkenntnis in Beziehung auf ihre, am Gesunden erregten Symptome den Homöopathen in den Stand setzt, über den wahren Wert solcher einzelnen Erscheinungen und Zeichen am Kranken ein Urteil zu fassen. Einige von Diesen sind allerdings sowohl für die Prognose, als für die Mittelwahl, von der größten Wichtigkeit; bei Anderen, und wohl bei den Meisten ist dies weniger von dem einzelnen Symptom selbst, als von der Verbindung abhängig, worin sie mit den Übrigen vorkommen.[25]

 

Indessen ist die Erkenntnis der größeren oder geringeren Erheblichkeit irgend eines einzelnen Symptoms nur dem Geübten möglich, und der Anfänger wird jedenfalls wohl tun, ein solches in dieser Hinsicht nur im Mindesten Zweifelhafte nicht außer Acht zu lassen, wenn er für die Wahl des Mittels sein Krankheitsbild in Erwägung nimmt.[26]

 

 

5.   Die Krankheitsursachen. V. Bönninghausen teilt die Krankheitsursachen in innere und äußere Krankheitsursachen ein:

a)      "Die inneren [Krankheitsursachen] betrifft eigentlich nur die allgemeine natürliche Anlage, die in einzelnen Fällen sich bis zu einer eigentümlichen Überempfänglichkeit (Idiosynkrasia) steigert.[27] Die Modifikation der natürlichen Anlage durch vorgängige Krankheiten (ggf. auch der Vorfahren) ist entweder chronisch-miasmatischer Natur oder bedingt durch Überbleibsel und Nachwehen akuter Krankheiten, die ihrerseits häufig chronisch-miasmatischer Natur sind oder aber größtenteils zu den Arzneikrankheiten oder Vergiftungen gehören. Nicht selten besteht eine Kombination zwischen Miasma und Arzneikrankheit/Vergiftungwas dann ein Krankheitsmonstrum darstellt.[28]

b)      "Zu den äußeren, oder den Gelegenheitsursachen gehört alles, was bei vorhandener natürlicher Anlage vermittelst äußerer Einwirkungen eine Krankheit zu erregen im Stande ist."[29] [ Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

Hier meint v. Bönninghausen z.B. Folgen von Verletzungen (Quetschungen, Verrenkungen, Verbrennungen usw.) oder Erkältungen (durch trockene Kälte, durch Durchnässung, im schwitzenden Zustand) innerer Teile (Magen, Bauch, Brustkorb) oder äußerer Teile (Kopf, Füße, Rücken) usw. [KMS 634].

 

(Die für die Anwendung des TT46 wichtige Unterscheidung zwischen sog. inneren und äußeren Körperteilen wird noch, außer in KMS 634, durch eine weitere Literaturstelle erläutert, nämlich in AHP beim Aphorismus 1, VII. Buch, wo es heißt „Es ist schlimm, wenn in hitzigen Krankheiten die äußeren Teile kalt werden.“ V. Bönninghausens Kommentar dazu: „Eine bekannte, ungünstige Erscheinung...die sehr häufig mit dem Gefühl von großer Hitze und Brennen in inneren Teilen verbunden ist. Es ist Dies ein Symptom, wonach allerdings für sich allein kein Mittel zu wählen, was aber übrigens von großer Wichtigkeit und nicht zu übersehen ist. Man darf dabei sein Augenmerk nicht auf die gewöhnlich sogenannten Extremitäten, das heißt: bloß auf Hände und Füße beschränken, sondern muss es vielmehr auch auf andere hervortretende äußere Teile, z.B. auf die Ohren, die Nase, das Kinn etc., selbst auf die Zunge und auf die Augäpfel richten.“ [ Nicht kursive Hervorhebung durch den Bearbeiter ] Allerdings ist dabei nicht ganz klar, ob nun die Zunge und die Augäpfel ebenfalls zu den äußeren Teilen gehören, oder ob in diesem speziellen Fall nur das Augenmerk selbst auch auf sie zu richten ist.[30])

 

Wenn auch die gewöhnlichen Folgen solcher krankmachenden Umstände und Ereignisse bereits in den Zeichenreihen der am Gesunden geprüften Arzneien enthalten sind, so hat doch die homöopathische Praxis den langwierigen und mühsamen Weg, solche aufzusuchen, längst abgekürzt und gesichert, und für die meisten derartigen Fälle die Mittel angegeben, welche sich hier zunächst der Konkurrenz darbieten. Dadurch ist die Wahl von Vorne herein auf eine kleinere Anzahl von Mitteln beschränkt und es bedarf dann in der Regel nur der Berücksichtigung von einigen wenigen, jedem dieser Mittel eigentümlichen Symptome, um sogleich eine richtige und sichere Wahl treffen zu können.[31]

Auch die Infektion mit ansteckenden Krankheiten gehört hierher: „Gegen diese, sehr oft bis zu einer enormen Calamität sich verbreitende Krankheiten besitzt die Homöopathie die sichersten und probatesten prophylaktischen Mittel, und zwar eben in denjenigen Arzneien, welche das Vermögen haben, die ausgebildete Krankheit zu heilen.“ Dieses Mittel vernichtet dann die Empfänglichkeit für die Krankheit und dies „...ist um so wichtiger, als diese ersten Anfänge oft so arm an bezeichnenden Symptomen sind, dass darauf keine sichere Wahl begründet werden kann; aber die bekannte Gelegenheitsursache ersetzt in solchen Fällen das Fehlende vollkommen.[32]

In vielen Fällen allerdings ist die Gelegenheitsursache "nicht mit Sicherheit aufzufinden und es ist dann weit sicherer gehandelt, sich auf keine Vermutungen einzulassen, als durch Raten dem Arzt den richtigen Gesichtspunkt zu verrücken. Da der homöopathische Arzt ohnedem nach der Ähnlichkeit der Symptome die Wahl der Arznei treffen muß, so ist die Kenntnis derselben ihm weniger unentbehrlich, obwohl stets sehr wünschenswert und die Wahl ungemein erleichternd und sichernd.[33] [ Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

  Wie bereits erwähnt, muss, im Falle von Widerspruch, das Mittel nach der gegenwärtigen Symptomatik und nicht nach der Causa gewählt werden.

 

6.   Die Modalitäten der Verschlimmerungen und Besserungen. „...alle hierher [zu den Modalitäten] gehörigen Prüfungs- und Erfahrungsergebnisse, gehören ohne Ausnahme, zu den mehr oder weniger charakteristischen Zeichen, worunter keines gleichgültig ist, selbst nicht einmal die negativen...[34] (Zu den hier erwähnten „negativen Zeichen“ siehe weiter unten unter „Gegenanzeigen und widersprechende Symptome“)

 

▶     Besonders dabei zu beachtende Modalitäten:

 

a)      Einen ganz vorzüglichen Rang unter den Modalitäten nehmen die Genüsse von Speisen und Getränken ein, und zwar nicht nur bei den Krankheiten der Verdauungsorgane. V.a. Verlangen und Abneigungen gegen einzelne Nahrungsmittel oder Getränke und am vorzüglichsten die Befindensveränderungen nach dem Genuß von Speisen und Getränken, „was oft die wichtigsten Anhaltspunkte zur Wahl der Mittel gibt.[35]     
...[ eine entschiedene Abneigung oder Verlangen ] erlangt dann eine noch größere Wichtigkeit, wenn, wie z.B. bei Süßem oder Saurem, bei Kaltem oder Warmem usw. solche Abneigungen und Verlangen sich nach beiden Seiten hin aussprechen.
[36] Ebenso gewinnt die Anzeige an Wichtigkeit und Zuverlässigkeit, wenn eine Abneigung mit einer Unverträglichkeit
 gegen ein und dieselbe Speise oder Getränk zusammentrifft.[37]

 

b)      die Menstruation begleitende Beschwerden, d.h. konstant begleitend vor, bei oder nach dem Blutabgang.  Bei unseren Prüfungen der Arzneien am Gesunden legen wir jederzeit ein bedeutendes Gewicht auf die Veränderungen, welche dabei in den bisherigen Verhältnissen der Menstruation, sowohl in Bezug auf Quantität, Qualität und Dauer so wie auf ihre beschleunigte oder verzögerte Wiederkehr, als auch auf die begleitenden Beschwerden, in sofern solche überhaupt damit in Verbindung stehen, und vor, bei oder nach dem Blutabgang sich einstellen...Dabei hat sich dann ergeben, dass die Beschaffenheit der Menstruation für sich allein schon äußerst brauchbare Symptome liefert, dass es aber nur wenige Mittel gibt, welche in Bezug auf Quantität und Dauer jedesmal dieselben konstanten Zeichen darbieten, dass hingegen sowohl unter den einen, als unter den anderen Umständen, jeder Arznei einige, ihr ganz eigentümliche, bei anderen nicht vorkommende Nebenbeschwerden angehören, die man mit großer Sicherheit als Charakteristisch ansehen und anwenden darf. Diese konstanten begleitenden Beschwerden, welche in allen Teilen des Körpers auftreten können, beschränken sich aber keineswegs auf einen allzu starken Monatsfluß, sondern erscheinen eben so häufig und ebenso regelmäßig bei zu schwacher, teilweise selbst zur Zeit der unterdrückten Regel...Namentlich liefern diese Zeichen bei fast allen weiblichen Krankheiten Momente von solcher Wichtigkeit, dass sie jederzeit einen ausgezeichneten Bestandteil des Krankheitsbildes auszumachen verdienen.[38]

 

c)      die Seitenlage.   Die Anzeigen für die Seitenlage, wo diese Verschlimmerung bewirkt,...bieten noch zweierlei weitere Verschiedenheiten dar, die von sehr erheblicher Wichtigkeit sind, nämlich einmal die Lage auf der rechten oder linken, und andermal die auf der schmerzhaften oder auf der unschmerzhaften (entgegengesetzten) Seite. Wo diese Unterschiede unbeachtet bleiben, da tappt man bei manchen Kopf-, Brust- und Unterleibsleiden, sowie bei vielen Gliederschmerzen im Finstern...[39]

Ein ganz ähnlicher Hinweis findet sich auch in den „Aphorismen...“:

Zu den wichtigsten Anzeigen des einen oder anderen Arzneimittels aus den Verschlimmerungen oder Besserungen nach Lage und Umständen muss man notwendig auch Diejenigen rechnen, welche beim Liegen des Kranken beobachtet werden. Hierher gehört ...auch noch ganz insbesondere das Liegen auf der schmerzhaften, oder auf der unschmerzhaften Seite, welches sehr oft, sowohl bei inneren Leiden in Kopf, Brust und Unterleib [= ganzer Bauch], als auch bei Äußeren an Rumpf und Gliedern, die schließliche Entscheidung für das passendste und hilfreichste Mittel sichert. Diese Unterscheidung... ist von solcher Erheblichkeit, dass man kaum begreift, wie sie oft von angehenden Homöopathen ignoriert und nur gar zu häufig in ihren Heilungsgeschichten vermisst wird...[40]

 

Zu beachten ist dabei, dass die in dieser Passage angegebenen Mittel

 

< durch Liegen auf der schmerzhaften Seite:

Acon, Agar, Am-c, Ars, Bar-c, Calad, Cina, Cycl, Dros, Graph, Guaj, Hep, Jod, Kali-n, Lach, Laur, Lyc, Mag-c, Mag-m, Mosch, Nit-ac, Nux-m, Nux-v, Par, Petr, Phos, Ph-ac, Rheum, Ruta, Sabad, Sel, Sil, Spong, Staph, Thuj   und

 

< durch Liegen auf der unschmerzhaften Seite:

Ambr, Arn, Bry, Calc, Cann-s, Caust, Cham, Chin, Coloc, Fl-ac, Ign, Kali-c, Mag, Mag-aust, Puls, Rhus-t, Sec, Sep, Stann, Viol-t

 

noch etwas gegenüber den in KMS 742 (1862) angeführten vermehrt sind und v. Bönninghausen fügt hinzu:

Es ist sehr zu wünschen, dass diese beiden Reihen durch sorgfältige und wiederholte Beobachtungen erweitert, und dass namentlich bei den Arzneien, welche reich sind an Wechselwirkungen, die Hauptsächlichsten und Nutzbarsten ermittelt werden.[41]

 

▶   Wo die Modalität "< Liegen auf der linken oder rechten Seite" mit der Modalität "< Liegen auf der schmerzhaften oder auf der unschmerzhaften Seite" kollidiert, „da ist wohl immer dem Letzteren der Vorzug einzuräumen[42]

 

d)      Viele Modalitäten, die im weitesten Sinn mit Bewegung und Ruhe zu tun haben, und in KMS 733 bis 743 abgehandelt sind. Explizit sind dabei mit den Hauptmitteln erwähnt:

 

< bei anfangender (Caps, Carb-v, Caust, Con, Euph, Ferr, Fl-ac, Lyc, Puls, Rhus-t, Sabad, Samb, Sil), fortgesetzter (Bell, Bry, Cocc, Colch, Led, Nux-v, „usw.“) oder gleich nach vorgängiger Bewegung (Agar, Anac, Ars, Cann-s, Hyos, Kali-c, Puls, Rhus-t, Ruta, Sep, Spong, Stann, Stram, Valer, Zinc), < von körperlicher Anstrengung (Acon, Arn, Ars, Bry, Calc, Cann-s, Lyc, Nux-v, Rhus-t, Ruta, Sil, Sulf), ggf. mit starker Erhitzung dabei (Acon, Ant-c, Bell, Bry, Camph, Carb-v, Dig, Kali-c, Op, Phos, Sep, Sil, Thuj, Zinc), < beim Aufrichten (Acon, Bell, Bry, Ign, Nux-v, Op, Rhus-t, Staph, Sulf), < beim Niederbücken (Alum, Am-c, Arn, Calc, Lach, Mang, Sep, Spig, Thuj, Valer), < vom Aufstehen vom Sitz (Acon, Apis, Caps, Con, Fl-ac, Lyc, Phos, Puls, Rhus-t, Spig) , < vom Aufstehen aus dem Bett (Apis, Bry, Carb-v, Con, Lach, Sulf-ac), < Ausstrecken des leidenden Teils (Alum, Calc, Coloc, Rhus-t, Sep, Staph, Sulf, Thuj), < Biegen oder Drehen des leidenden Teils (Am-m, Cic, Ign, Kali-c, Lyc, Nux-v, Puls, Spig, Spong), < Biegen nach auswärts (Caps, Caust) oder nach einwärts (Ign, Staph) oder rückwärts (Calc, Kali-c, Puls, Sep, Sulf) oder seitwärts (Bell, Nat-m) oder vorwärts (Coff, Thuj) oder < durch das Gebogen-Halten (Hyos, Spong, Valer), < durch Dehnen und Renken (Am-c, Ran-b, Rhus-t) , < durch Heranziehen des Gliedes (Ant-t, Rhus-t, Sec), < durch Heben des leidenden Gliedes (Arn, Bar-c, Bell, Ferr, Kali-c, Led, Rhus-t, Sil), < durch Verheben (Arn, Bor, Bry, Calc, Cocc, Graph, Ign, Lyc, Nat-c, Nux-v, Ph-ac, Rhus-t, Sep, Sil, Sulf), < durch Gehen im Freien (am deutlichsten haben dies Anac, Bell, Carb-v, Cocc, Colch, Con, Fl-ac, Hep, Nux-v, Ph-ac, Sel, Spig, Sulf) , < bei nasser Luft oder Regenwetter (Am-c, Calc, Colch, Dulc, Fl-ac, Lach, Lyc, Nux-m, Rhus-t, Sulf, Verat), < bei trockenem Wetter (Asar, Bell, Bry, Caust, Hep, Nux-v, Puls), < durch Aufenthalt in der heißen Sonne (Ant-c, Bell, Bry, Lach, Nat-c, Puls, Sel, Valer), < bei Gewitterluft (Agar, Nat-c, Phos, Rhod, Sil), < bei Schneeluft (Calc, Con, Lyc, Phos, Ph-ac, Puls, Rhus-t, Sep, Sil, Sulf), < bei Nebel (Bry, Cham, Chin, Mang, Nux-m, Rhod, Rhus-t, Sep, Sulf, Verat), < beim Gehen im Wind (Ars, Asar, Bell, Calc, Cham, Chin, Euphr, Graph, Lach, Lyc, Nux-v, Phos, Puls, Rhus-t, Spig, Thuj). Schwindel < beim Gehen über einen schmalen Steg (Bar-c, Ferr, Sulf), Schwindel < beim Gehen an oder über Wasser (Ang, Ferr, Sulf). Schmerzen der Fußsohlen < durch Gehen auf hartem Boden oder Steinpflaster (Ant-c, Ars, Con, Hep). < durch Heraufsteigen (besonders Arn, Ars, Bry, Cupr, Nux-v, Seneg, Sep, Spig, Spong), < durch Herabsteigen (Arg-m, Con, Ferr, Lyc, Rhod, Ruta, Sabin, Verat),  < vom Fahren im Wagen (Ars, Bry, Cocc, Colch, Hep, Hyos, Ign, Lach, Nux-m, Op, Petr, Rhus-t, Sel, Sep, Sil, Sulf), mit dem Schiff (Seekrankheit) (Ars, Cocc, Colch, Ferr, Hyos, Op, Petr, Sil, Tab), oder < durch Schaukeln (nur Bor, Carb-v), > durch Fahren im Wagen (Ars, Graph, Nit-ac, Phos), < durch Reiten (Graph, Nat-c, Sep, Spig, Sulf-ac), > der Hämorrhoidenbeschwerden durch Reiten (Kali-c), < durch Veränderung der Lage (Caps, Carb-v, Con, Euph, Lach, Lyc, Phos, Puls, Samb), > durch Veränderung der Lage (Cham, Ign, Ph-ac, Valer, Zinc), < durch Umdrehen im Bett (Acon, Ars, Bor, Bry, Cann-s, Caps, Carb-v, Con, Ferr, Hep, Lyc, Nat-m, Nux-v, Puls, Rhus-t, Sil, Staph, Sulf), < durch Umsehen (Calc, Cic, Con, Ip, Kali-c) , < bei ausgestreckter Lage (Cham, Colch, Coloc, Plat, Puls, Rheum, Rhus-t, Staph), < beim Krummliegen (Hyos, Lyc, Spong, Teucr, Valer), < bei Liegen tief mit dem Kopf (Ant-t, Arg-m, Ars, Caps, Chin, Colch, Hep, Kali-n, Lach, Puls, Spig) oder > bei horizontaler Lage (Apis, Arn, Bell, Spong), < bei Rückenlage (Am-m, Ars, Caust, Cham, Chin, Coloc, Cupr, Cycl, Jod, Kali-n, Nux-v, Phos, Plb, Rhus-t, Sep, Sil, Spig) oder > bei Rückenlage (Acon, Anac, Bry, Calc, Carb-an, Kali-c, Lyc, Merc, Puls, Seneg, Stann, Thuj), < bei Seitenlage (Acon, Anac, Bry, Calc, Carb-an, Kali-c, Lyc, Phos, Puls, Stann, Sulf, Thuj) und, wie unter Punkt c) wegen besonderer Wichtigkeit bereits abgehandelt, < im Liegen auf der rechten Seite (Am-m, Bor, Caust, Mag-m, Merc, Nux-v, Spong), < im Liegen auf der linken Seite (Acon, Am-c, Bar-c, Bry, Colch, Ip, Nat-c, Nat-m, Petr, Phos, Puls, Sep, Sil, Sulf, Thuj), < durch Liegen auf der schmerzhaften oder unschmerzhaften (entgegengesetzten) Seite (Hauptmittel s.o.)

 

      Alle diese Anzeigen[ gemeint sind hier vermutlich alle im Artikel "Über Bewegung und Ruhe" genannten Modalitäten ] sind so zuverlässig und durch tausendfältige Erfahrungen so bewährt gefunden, dass es kaum andere gibt, welche ihnen im Range gleichkommen, geschweige denn sie übertreffen. Das Erheblichste dabei ist aber noch das, dass diese Charakteristik sich nicht auf die eine oder andere Beschwerde beschränkt, sondern dass sie wie ein roter Faden sich durch fast alle, mit irgend einem Schmerz, oder selbst nur mit Unbehaglichkeit verbundene Krankheitssymptome der betreffenden Mittel hindurchzieht, und daher sowohl für innere, als für äussere Beschwerden der verschiedensten Art gültig ist.[43]

 

e)      Dort, wo ein Einfluß des Mondes besteht, verdient er bei der Mittelwahl Berücksichtigung.[44]

 

     Der Einfluß der Witterung und der Temperatur kann trügerisch sein, und es darf evtl. kein allzu großes Gewicht darauf gelegt werden, da sich schon zu v. Bönninghausens Zeiten Ausnahmen stark häuften: „Indessen darf darauf kein allzu großes Gewicht gelegt werden, weil namentlich in den letzten Jahren die Ausnahmen sich dermaßen vermehrt zu haben scheinen, dass ihre Zahl die der regelmäßigen Fälle fast übersteigt. Um nur ein Beispiel anzuführen, so haben wir gefunden, dass die Anfälle von der häutigen Bräune bei Kindern seit 2 oder 3 Jahren weit häufiger bei nassem Wetter vorkommen, als bei trockener Luft mit Nordwinden und Ostwinden.[45]

Häutige Bräune = Angina membranacea = Laryngitis exsudativa = wahrer Croup = Krupp = Komplikation der Diphtherie[46]

Stauffer, Homöotherapie, Sonntag Verlagsbuchhandlung, 1924, S. 317, 318:

„Krupp ist ein lokales Leiden, im Gegensatz zur Diphtherie, die infektiös ist und oft schwer septisch verläuft. Die häutige Bräune tritt in den letzten Jahrzehnten selten auf und viele Autoren leugnen diese Erkrankungsform ganz und rechnen sie der Diphtherie zu. Wer jedoch je Gelegenheit hatte, einen echten Kruppfall zu beobachten und gar einen röhrenförmigen, baumartig sich verzweigenden Abguß von fibrinösen Membranen aus den Luftwegen ausgehustet zu sehen, der wird zu der Ansicht neigen, daß es sich um eine selbständige Krankheit handelt. Lokal bildet sich vom Kehlkopfe abwärts in den Luftwegen ein plastisches, fibrinöses Exsudat, das bald in Streifen, bald zusammenhängend die ganze Schleimhaut bedeckt und mehr oder weniger fest mit ihr verwachsen ist. Beim Heilungsprozesse löst sich diese Membran auf und sie wird in Fetzen ausgehustet, seltener als ganzer Abguß der Luftwege. Tritt nicht rechtzeitig die Expektoration ein, so gehen die Patienten in der Asphyxie zugrunde. Die Tracheotomie hat nur Wert und ist von lebensrettendem Erfolge, wenn die Membranen auf Kehlkopf und Trachea lokalisiert sind, sobald sie sich bis in die Bronchien und tiefer erstrecken, kann sie auch nichts mehr leisten. Das Wesen der Krankheit ist nicht aufgeklärt; offenbar muß eine Disposition zugrunde liegen und man hat die Skrofulose in Beziehung gebracht. Gelegenheitsursachen geben naßkalte Nordwinde ab, und sollen Kinder von 2‑7 Jahren hauptsächlich betroffen werden und besonders oft solche, die kurz vorher Masern, Scharlach, Pocken u. dergl. durchgemacht haben.“

 

Nach Clemens v. Bönninghausen befällt der Croup bzw. die häutige Bräune meist nur Kinder bis zum 10. oder 12. Lebensjahr. Nach seiner Erfahrung sind die Kennzeichen des wahren Croup-Husten, welche diesen schon von Beginn an von allen sonstigen katarrhalischen Hustenarten unterscheiden lässt: 1.) der Ton ist heiser, wie das Bellen eines heiseren Hundes, oder wie das, noch tonlose Krähen eines jungen Hahns. 2.) der Husten selbst ist stets trocken und ohne alles Schleimgeräusch im Hals, und 3.) was das Allerkennzeichnendste ist, ohne Nachschlag und nur aus einem Ton bestehend, also ohne den zweiten, nach dem Zurücksinken des Kehlkopfs entstehenden Nachton.[47] V. Bönninghausens Therapie: „Mein Verfahren bei der häutigen Bräune“ s. KMS 711-713 (1861).

 

7.   Die Zeit des Auftretens, der Verschlimmerung oder der Besserung der Beschwerden. Die Zeitmodalitäten sind für die Therapie kaum weniger wichtig als die anderen Modalitäten.[48]

 

a)      Die periodische Wiederkehr von Krankheitssymptomen nach kürzerem oder längerem Schweigen. „Die periodische Wiederkehr der Krankheitserscheinungen fällt oft mit Zeitabschnitten zusammen, die besondere Gelegenheitsursachen mit sich führen und daher eigentlich zur vorhergehenden Frage [ d.h. zu den Modalitäten nach Lage u. Umständen ] gehören. Dazu sind z.B. die Menstruationsbeschwerden zu rechnen, so wie alle diejenigen, welche durch Jahreszeit, Witterung und dergleichen bedingt werden. Wo solche bezeichnende Nebenursachen nicht zu ermitteln und wo dabei, wie meistens der Fall, die Anfälle nicht an eine scharf bestimmte Zeit gebunden sind, da haben sie auch für den Homöopathen in therapeutischer Hinsicht keinen Wert, indem ihnen die Eigenschaft einer brauchbaren Anzeige mangelt.[49] [ Hervorhebungen durch den Bearbeiter ] [   Vgl. aber Punkt 10. ! ]

 

In Beziehung auf die sonst unabhängig von anderen Ursachen typisch wiederkehrenden Beschwerden besitzen wir eine ansehnliche Reihe von Mitteln, die diesen entsprechen, ohne darum andere davon auszuschließen, wenn sie sonst vermöge ihrer Zeichen unzweifelbar angezeigt sind. Nur da, wo eine derartige periodische Wiederkehr scharf und bestimmt sich ausspricht, wie z.B. Abends nur von 16 bis 20 Uhr (Hell und Lyc), oder genau um dieselbe Stunde (Ant-c, Ign und Sabad), ist ein besonderes Gewicht darauf zu legen und nur dafür zu sorgen, dass keine Gegenanzeigen dabei vernachlässigt werden.[50] [ Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

 

b)      Von um so größerer Erheblichkeit sind dagegen die Verschlimmerungen und Besserungen nach den Tageszeiten, und zwar sowohl diejenigen, welche einzelne Symptome, als solche, welche das Allgemeinbefinden betreffen...Denn es gibt fast keine Krankheit, von den bösen inneren Fiebern an bis zu den Lokalbeschwerden, wobei nicht in den verschiedenen Tageszeiten eine mehr oder minder erhebliche und deutliche Verschlimmerung oder Besserung eintritt.[51] [ Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

Als Beispiele nennt an dieser Stelle v. Bönninghausen den wichtigen Einfluß der Tageszeit auf die Löslichkeit, die Konsistenz und den Geschmack des Hustenauswurfes oder auf das Auftreten von Durchfall.

Es finden sich Manche [ homöopathische Arzneien ] darunter, wo solche periodische Exazerbationen so ziemlich für alle dem Mittel angehörenden Krankheits-Erscheinungen gelten, Andere, wo Solche für verschiedene Beschwerden zu verschiedenen, aber doch wieder bestimmten Tageszeiten aufzutreten pflegen, noch Andere, wo solche Zeitpunkte des Anfangs und des Endes scharf begrenzt sind [ wie die < von 16-20 Uhr bei Hell und Lyc, was oft allein hinreicht um bei der Mittelwahl den Ausschlag zu geben ]...Je geringer die Zahl der Arzneistoffe ist, die in dieser Beziehung einer besonderen Tageszeit oder Stunde entsprechen, um so mehr fallen sie dabei ins Gewicht, und wenn sich bei der Wahl von dieser Seite her Widersprüche ergeben, so darf und muss man Diese jederzeit als triftige Gegenindikationen ansehen...Für uns Homöopathen ist daher die sorgfältigste Ermittlung dieses Periodizitätsmomentes bei der Aufnahme eines Krankheitsbildes eine dringende Notwendigkeit, die niemals außer Acht zu lassen ist...[52] [ Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

 

V. Bönninghausen sieht die Modalitäten und die Zeitmodalitäten als am wichtigsten an[53]:

...weil ich offen gestanden, die aus dieser und der folgenden Frage [ d.h. die Modalitäten und Zeitmodalitäten ] hervorgehenden Zeichen für den therapeutischen Zweck als die allerwichtigsten, unzweifelhaftesten und mithin für die entscheidendsten ansehe. Selbst die zahlreiche Klasse der Wechselwirkungen, die fast alle in diese beiden Rubriken fallen, tun dieser Wichtigkeit durch ihre inneren Widersprüche keinen erheblichen Abbruch, sobald man ihren gegenseitigen Wert kennt und so im Stande ist, den Rang einer jeden gehörig in Anschlag zu bringen.[54]

 

Die Verwendung der Modalitäten bedarf aber auch der meisten Vorsicht, so schreibt v. Bönninghausen zu der entsprechenden Rubrik des Therapeutischen Taschenbuches:

 

Die sechste Abteilung, welche die Veränderungen des Befindens nach Zeit, Lage und Umständen enthält, steht an Wichtigkeit keiner der Vorhergehenden nach, aber sie bedarf bei der Anwendung die meiste Vorsicht. Insbesondere hat man sich zu hüten, das für eine Verschlimmerung anzusehen, was eigentlich nur in der Nachwirkung (oder Wechselwirkung) des Mittels liegt, wenn es sich auch übrigens als eine Verschlimmerung des Befindens im Allgemeinen zu erkennen gibt. So ist z.B. der, bloß in der Morgenzeit eintretende Durchfall sehr oft durch Bry zu heilen, obwohl Verstopfung und abendliche Verschlimmerung zur eigentlichen Erstwirkung dieses Mittels gehören. Solcher Erscheinungen, die man bei den Arzneiprüfungen mit den Namen 'Nachwirkungen oder Wechselwirkungen' belegt, gibt es auch viele bei natürlichen Krankheiten, wo ein, dem eigentlichen Leiden entgegengesetzter, aber ebenfalls leidender Zustand eintritt, welcher den Unkundigen leicht zu einer falschen Mittelwahl verleiten kann. In anderer Hinsicht stehen die hier verzeichneten Bedingungen der Verschlimmerung oder Besserung in einer weit ausgedehnteren Beziehung zu dem Gesamtleiden und dessen einzelnen Zeichen, als gewöhnlich geglaubt wird, und beschränken sich niemals ausschließlich auf das eine oder andere Symptom; im Gegenteil hängt sehr oft vorzugsweise von dieser die richtige Wahl des passenden Heilmittels ab.[55] [ Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter ]

 

(Vgl. dazu im Gegensatz E. A. Farrington, "Lesser Writings With Therapeutic Hints", B. Jain Publishers, New Delhi, Reprint 1990, S. 59 ff und C. Hering, „Analytical Repertory Of The Symptoms Of The Mind, 2. Auflage, B. Jain Publishers, New Delhi, Reprint 1990, S. 16 ff. Dabei ist, wie bei Farrington zu lesen, anzumerken, dass v. Bönninghausen Herings Bitte, die im TT46 angegebenen Modalitäten näher zu spezifizieren, d.h. anzugeben, auf welche Symptome sich die jeweilige Modalität bezieht, bewusst nicht nachkam, was in Bezug auf das Gesamtkonzept des TT46 durchaus verständlich erscheint.)

 

...Aber in der Homöopathik hängt die Wahl des richtigen Mittels aus einer Gruppe von anscheinend gleich gegen die Hauptzüge dieses Beiwerks indizierten Arzneien in hohem Maße von den Veranlassungen [ „occasions“ vermutlich: Modalitäten ] und ihrer richtigen Bewertung ab;...[56] [ Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

 

 

8.   Selten vorkommende Absonderlichkeiten und Zeichenverbindungen, die ungewöhnlich und normalerweise nicht zu erwarten sind, und daher nur wenigen Mitteln angehören. „Gerade solche selten vorkommende Absonderlichkeiten sind für den Homöopathen in demselben Grade erwünscht, in welchem sie dem Allopathen Verlegenheiten erwecken, weil er sie nicht zu verwerten versteht. Wenn Dieser daher ein solches Symptom als mindestens unnütz bei Seite schiebt und unbeachtet lässt, so stellt Jener es oben an die Spitze des Krankheitsbildes, um durch Anreihung des sonst noch zu Ermittelnden Dasselbe bis dahin zu vervollständigen, dass das spezifische (homöopathisch entsprechende) Heilmittel außer allem Zweifel sich von selbst herausstellt.[57]Es ist eine alte und konstante Erfahrung, dass in den meisten Fällen die Fieber, worunter hier wohl hauptsächlich die Fieberhitze zu verstehen ist, von Durst begleitet sind...Aber, wie überall...kommen auch hier wieder Ausnahmen von der Regel vor, die auf Beachtung und Befolgung nicht minder Anspruch haben, als diese selbst. Es gibt nämlich Fieber, welche, wie jeder Arzt weiß, ganz ohne Durst sind; Andere, wo nur beim Frost Durst, bei der Hitze aber gänzliche Durstlosigkeit eintritt; bei noch Anderen erscheint der Durst vor dem Fieber, oder zwischen Frost und Hitze, oder erst nach dem Fieberschweiß. Alle derartigen Verschiedenheiten, wovon Jede bekanntlich auf bestimmte Mittel hinweist, sind für den Homöopathen von vorzüglicher Erheblichkeit und für die Wahl der hilfreichen Arznei von weit größerer Wichtigkeit, als die obige allgemeine Regel. Denn eben in solchen Ausnahmen liegen die meisten und vorzüglichsten charakteristischen Zeichen, welche uns über die Angemessenheit der Arznei die sicherste und bestimmteste Auskunft geben.[58]

Das Repertorium in KEU, als 2. Abteilung, Anzeiger der Zeichen,       ...kann...außerdem noch sehr zweckmäßig dazu benutzt werden, um die selteneren Erscheinungen durch ihre Minderzahl von dem zahlreicheren Gewöhnlichen zu unterscheiden und die Nachforschungen unmittelbar auf dieses Seltenere und Charakteristische zu richten.[59]

 

 

9.   Die Aufeinanderfolge der, besonders durch Erbrechen, ausgeleerten Stoffe:

Die Aufeinanderfolge der verschiedenen, besonders durch Erbrechen ausgeleerten Stoffe gehört zu denen, worüber noch weitere Beobachtungen zu machen sind. Wir kennen das Erbrechen von Speisen und Getränken, so wie solches von Galle, Schleim, Wasser und dergleichen. Aber wenn erst das Eine eintritt, und gleich darauf das Andere folgt, so ist diese Reihenfolge fast immer charakteristisch und bei der Mittelwahl wohl zu beachten; und wir müssen mit Bedauern gestehen, dass uns dabei unsere RAL noch oft im Stich lässt.[60]

 

 

10.       Wechselwirkungen und Isolierte Anfälle:

 

So sehr man sich in der neueren Zeit bemüht hat, den Genius der Arzneien in seinen Hauptzügen darzustellen: so hat man dabei doch fast gänzlich etwas sehr Wesentliches übersehen, was zur Erfüllung des Ähnlichkeitsgesetzes bei der Mittelwahl von erheblicher Wichtigkeit ist. Wir meinen damit nicht allein die Wechselwirkungen (Organon § 115), welche bei einigen Arzneien (z.B. bei Bry) andauernd, bei Anderen (z.B. Acon, Ign, Puls) in abgesonderten, mit den Haupt-Erstwirkungen alternierenden Anfällen vorkommen, sondern auch noch die isolierten Anfälle, wo die Beschwerden gruppenweise in abgesonderten Paroxysmen auftreten (wie z.B. bei Cham, Cupr, Caust, Cocc, Sil u.a.), nach deren Ablauf der Kranke für den Augenblick über Nichts weiter zu klagen hat. Solche Anfälle wiederholen sich dann öfter oder seltener, zuweilen mehrmals binnen Tag und Nacht, zuweilen auch nur periodisch zu bestimmten Tageszeiten, oder nach Verlauf mehrerer Tage oder Wochen, bieten aber stets die besondere Erscheinung dar, dass während der Zwischenzeit keine namhaften Krankheits-Symptome vorhanden sind, die bei anderen remittierenden oder intermittierenden Krankheiten niemals ganz fehlen.[61] [ Nicht kursive Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

 

Zu den Wechselwirkungen:

 

Wechselwirkungen sind Erstwirkungen, die das Gegenteil von anderen Erstwirkungen des selben Mittels sind,...obwohl selten oder nie Beide für den Heilzweck einen gleichen Wert haben. Welche von ihnen aber die Brauchbarste ist, kann nur die Erfahrung lehren, obwohl auch der sonstige Genius jeder Arznei von Vorne herein meistenteils schon einen gültigen Schluss darüber zulässt. Man hat sich aber wohl zu hüten, für solche eigentliche Wechselwirkungen diejenigen, freilich nur scheinbaren Widersprüche zu halten, wie sie nicht selten vorkommen und den Anfänger leicht irre machen können. Von diesem Letzteren mögen ein paar Beispiele dies erläutern: - Man weiß von der Nux-v, dass ihre Beschwerden beim Gehen in der freien, kühlen Luft sich verschlimmern, und dass dessen ungeachtet derjenige Erkältungsschnupfen, wogegen sie sehr oft angezeigt ist, im Freien zu fließen aufhört, beim Eintritt ins warme Zimmer aber sogleich als Fließschnupfen sich wieder gestaltet. Wenn man aber bedenkt, dass stockende Absonderung dem Genius der Brechnuß entspricht: so wird man leicht einsehen, dass hier die warme Zimmerluft durch Lösung des Schleimes eine Art von Besserung, nicht von Verschlimmerung bedingt. - Eben so weiß man von der Bry, dass Verstopfung und abendliche Verschlimmerung zu ihrer Charakteristik gehören, und dennoch gibt es einen, bloß in den Morgenstunden eintretenden schmerzhaften Durchfall, welcher sehr oft in der Bry sein sicheres Heilmittel findet. Hier ist aber der Durchfall in der Früh das Gegenteil von der Obstruktion mit abendlicher Erhöhung, mithin nicht so sehr als Wechselwirkung, sondern vielmehr als lösender Gegensatz zu betrachten.[62] [ Nicht kursive Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

 

▶  Bei den Wechselwirkungen muss also durch sorgfältige Beobachtung „die hauptsächlichste und nutzbarste [Wechselwirkung] ermittelt werden.[63]

 

11. Veränderungen des Hörens, Sehens, Riechens oder Schmeckens (hier: als begleitende Beschwerden bei akuten Krankheiten).[64]

 

12. Bei Wechselfiebern (und wohl auch bei anderen Fiebern[65]) sind besonders die Symptome (einschließlich der Gemütsstimmung) während der Apyrexie für die Mittelwahl ausschlaggebendund ggf. sogar wichtiger, als die Eigentümlichkeit des Fiebers selbst (bei Widerspruch).[66]...dass der wahre Charakter der Krankheit sich oft nur zwischen den [Fieber-] Intervallen oder wenn der Patient fieberfrei ist, entdecken lässt.[67] [ Hervorhebung durch den Bearbeiter ]

 

Apyrexie: „Fast alle Fieber, nicht bloß die Intermittierenden und Remittierenden, sondern selbst die meisten Kontinuierenden, haben ihre Perioden, wo die Fiebererscheinungen mit ihren begleitenden Beschwerden einigermaßen nachlassen, und wo das Befinden des Kranken sich in etwas anderer Weise, obwohl immer noch mehr oder minder krankhaft, gestaltet. Darin liegt ein vollkommen triftiger Grund, die sogenannte Pyrexie (die eigentliche Fieber-Epoche) von der Apyrexie (wo das eigentliche Fieber zeitweise aufhört und diesem verändertem Befinden Platz gemacht hat), zu trennen.[68]

 

Überhaupt aber kann man dem angehenden Homöopathen nicht dringend genug die Warnung ans Herz legen, sich von dem großen Irrtum frei zu halten, als wäre die numerische Menge allgemeiner und nichts individualisierender Symptome zur Mittelwahl ausreichend. Die scharfe Auffassung der Zeichen, welche sowohl die Natur der Krankheit aussprechen, als auch dasjenige Mittel bestimmen, welches jedesmal das ausschließlich oder mindestens vorzüglich Angezeigte ist, - dies allein kennzeichnet den Meister. Denn es ist viel, sehr viel leichter, nach einem hinreichend vollständigen und allen Erfordernissen völlig entsprechenden Krankheitsbild das richtige Heilmittel zu wählen, als ein solches Krankheitsbild selbst zu ermitteln und aufzustellen.[69]

 

In seiner Abhandlung „Erfahrungen wider die Hochpotenzen“ (KMS 667-674, KMSS 84-95, 1860) gibt v. Bönninghausen eine gute Kostprobe, wie genau eine vollständige Anamnese sein muss und v.a. von seinen profunden Arzneimittelkenntnissen und den diffizilen Erwägungen bei der Mittelwahl.



[1] KMS 77 (1835)
[2] KMS 73 74 (1835) TT46 VI VII XXII (Oktober 1845) HA XXVII XXVIII (1853) KMS 505 (1856) AHP 555 (1863)

[3] AHP 249 (1863)

[4] HOM 253 (1833)

[5] HOM 121 122 und Anm. (1833)

[6] KMS 616 617 (1860)

[7] KMS 752 (1863)

[8] KMS 618 619 (1860)

[9] HA 1 (Juli 1853)

[10] HA 11 (1853)

[11] KMS 618-620 (1860)

[12] KMS 753 (1863)

[13] AHP 532 (1863)

[14] AHP 531 532 (1863)

[15] KMS 622-624 (1860)

[16] KMS 513 (1856)

[17] AHP 501 502 (1863)

[18] KMS 624 625 (1860)

[19] da sie vorzugsweise zu den § 153-Symptomen gehören KMS 628 629 (1860)

[20] KMS 626-629 (1860)

[21] KMS 629 (1860)

[22] KMS 575 (1859)

[23] KMS 76 (1835)

[24] HOM 253 (1833)

[25] AHP 435 436 (1863)

[26] AHP 432 (1863)

[27] KMS 630 (1860)

[28] KMS 630 631 (1860)

[29] KMS 630 (1860)

[30] AHP 449 (1863)

[31] KMS 633 (1860)

[32] KMS 634 635 (1860) ähnlich auch HOM 26 (1833) und AHP 272 273 (1863)

[33] HOM 27 (1833) ähnlich: AHP 169 (1863)

[34] KMS 636 (1860)

[35] KMS 637 638 (1860) ganz ähnlich: AHP 91 92 (1863)

[36] AHP 136 (1863)

[37] AHP 137 (1863)

[38] AHP 332-334 (1863)

[39] KMS 742 (1862)

[40] AHP 452 Anm. (1863)

[41] AHP 452 Anm. (1863)

[42] KMS 742 (1862)

[43] KMS 743 (1862)

[44] AHP 20 Anm. (1863)

[45] AHP 164 (1863)

[46] nach Prof. Dr. med. Hans-Georg Boenninghaus, Direktor der HNO-Klinik der Uni Heidelberg, 1980

[47] AHP 401 402 (1863)

[48] KMS 639 (1860)

[49] KMS 640 641 (1860)

[50] KMS 641 642 (1860)

[51] KMS 641 (1860)

[52] AHP 214 215 (1863)

[53] AHP 414 Anm. (mindestens 1862 - durch Text belegt)

[54] KMS 639 (1860)

[55] TT46 XIV XV (Oktober 1845)

[56] KMS 422 (1852)

[57] AHP 243 244 (1863)

[58] AHP 46 47 (1863)

[59] KEU XVII (1860)

[60] AHP 371 und Anm. (1863)

[61] AHP 437 Anm. (1863)

[62] AHP 436 Anm. (1863)

[63] AHP 452 Anm. (1863)

[64] AHP 211 212 (1863)

[65] WF IV V (1863)

[66] WF XII XIII (März 1833, wiederholt gedruckt und teilweise kommentiert im Januar 1863)

[67] KMS 668 (1860)

[68] WF V (1863)

[69] KEU XVIII XIX (1860)


 

  Ø Prüfungssymptome, die der Mittelwahl dienen, sind Erstwirkungen.

Ø Die Arznei muss möglichst dem ganzen Symptomenkomplex der Krankheit und der
       Individualität des Kranken entsprechen.

Ø In einer Vorauswahl selektiert man die am meisten hervorstechenden Symptome, Symptome,
       die dem Patienten am lästigsten sind, vorzugsweise ergriffene Organe und Symptome, die
       das Generelle der Krankheit angeben.

Ø Eine Differenzierung unter diesen Mitteln erfolgt durch besonders wichtige und § 153-
       Symptome.       


     WICHTIGE SYMPTOME SIND:


 

Ø Gemüts- und Geistessymptome, und ganz besonders, wenn sich diese kurz vor oder mit der
       Krankheit geändert haben.     
       Bei Geistes- und Gemütskrankheiten tritt die körperliche Symptomatik öfters in den
       Hintergrund.

       Öfters ist die Geistes/Gemütssphäre der eigentliche Ursprung der Krankheit und dann auch
       besonders zu beachten.

Ø Die allgemeine Körperbeschaffenheit, und besonders, was sich dabei im Verlauf der Krankheit
       geändert hat. Zur allgemeinen Körperbeschaffenheit gehört z.B. auch eine
       ausgeprägte Vollsaftigkeit.

Ø Der Sitz der Krankheit (Gewebe, Körperstellen, Organe).

Ø Charakteristische Nebensymptome, die seltener in Verbindung mit dem Hauptleiden auftreten
       oder einer anderen Krankheitssphäre angehören oder die charakteristischen Zeichen
       (Genius) einer Arznei an sich tragen.    
       Eine profunde Arzneimittelkenntnis ist deshalb unentbehrlich für eine gute Anamnese und
       das Erkennen wichtiger, wahlanzeigender Symptome und die Gewichtung der Symptome.
       Der wahre Wert der Symptome ergibt sich häufig erst aus der Verbindung der Zeichen
       untereinander.

Ø Die Krankheitsursachen, wie Verletzungen und Erkältungen (bei akuten Krankheiten) oder die
       Miasmen (ggf. das derzeit aktive) oder vorgängige Krankheiten (ggf. auch der Vorfahren)
       oder Infektionen, Arzneikrankheiten und Vergiftungen.        
       Bei Infektionen haben diejenigen Mittel die beste prophylaktische Wirkung, die das Vermögen
       haben, die ausgebildete Krankheit zu heilen.

Ø Die Modalitäten, besonders auch Verlangen, Abneigungen und Unverträglichkeiten von
       Speisen und Getränken, Menstruation begleitende Beschwerden, das Liegen auf der Seite,
       besonders auf der schmerzhaften oder unschmerzhaften Seite und Modalitäten bezüglich
       Bewegung und Ruhe und Zeitmodalitäten.

       Der Einfluss der Witterung und Temperatur kann trügerisch sein.

       Die Verwendung der Modalitäten bedarf der meisten Vorsicht.

Ø Selten vorkommende Absonderlichkeiten und ungewöhnliche Zeichenverbindungen.

Ø Die Aufeinanderfolge der, besonders durch Erbrechen, ausgeleerten Stoffe.

Ø Bewährte Wechselwirkungen und das Auftreten isolierter Anfälle.

Ø Veränderungen des Hörens, Sehens, Riechens und Schmeckens.

Ø Symptome während der Apyrexie.