Repertorien – Therapeutisches Taschenbuch



Schon Hahnemann warnt vor dem ausschließlichen Gebrauch von Repertorien zum Zwecke der Mittelwahl
 ...indem die letzteren Bücher nur leichte Winke auf dies oder jenes etwa wählbare Mittel zu geben bestimmt sind, nie aber das Nachschlagen in den Quellen entbehrlich machen können."[1] (Hervorhebungen durch v. Bönninghausen)

Nichtsdestotrotz schuf v. Bönninghausen mehrere äußerst brauchbare Repertorien, da diese „leichten Winke“ selbst von Meistern nicht verschmäht wurden, und auch Hahnemann zog v. Bönninghausens ursprüngliches Repertorium allen anderen vor.[2]


Im Vorwort seines Therapeutischen Taschenbuches schreibt v. Bönninghausen: „Es liegt wohl außer allem Zweifel, dass das fleißige und umsichtige Studium der reinen Arzneimittellehre durch kein Repertorium, es möge sein, welches es wolle, vollständig ersetzt werden kann. Auch ist Nichts weniger jemals meine Absicht gewesen, als Jene entbehrlich zu machen; vielmehr halte ich sämtliche Werke, die solches bezwecken, für unbedingt schädlich. Dagegen lässt sich eben so wenig in Abrede stellen, dass der homöopathische Arzt...in der Praxis aber irgend einer abgekürzten, leicht übersichtlichen und das Charakteristische hervorhebenden Zusammenstellung der Symptome bedarf, um seinem Gedächtnis zu Hilfe zu kommen...
[3]


Ursprünglich bemüht, durch Zusammenfassung der zwei Teile des SRA und SRN und Vervollständigung und schärfere Bestimmung des Inhaltes dieses zu verbessern, hatte v. Bönninghausen, als ihm das etwa zur Hälfte fertige Manuskript allzu voluminös wurde, die geniale Idee eines neuen, bausteinartig aufgebauten Repertoriums. Nach diesem Plan und einem Vorversuch mit einer nur auf Polychreste beschränkten Ausarbeitung erstellte v. Bönninghausen dann, unter dem Zuspruch Hahnemanns (bezüglich des Konzeptes), das Therapeutische Taschenbuch,
dessen Erscheinen 1846 letzterer allerdings nicht mehr erlebte. Obwohl einige wichtige Punkte und Besonderheiten des TT46 schon bei den „Begleitenden Beschwerden“, den „Modalitäten“ und den „Verwandtschaften“ abgehandelt wurden, sei hier zusammenfassend, ausschließlich für angehende Homöopathen, noch kurz das Konzept und Besonderheiten des TT46 dargestellt. Eine ausführlichere Abhandlung darüber, insbesondere mit zahlreichen Beispielen, würde den Rahmen dieser Arbeit, in der eine gewisse Knappheit und Konzentration der Darstellung wichtiger, teilweise verstreuter Aussagen und Lehren v. Bönninghausens die Fasslichkeit erhöhen soll, jedoch sprengen.



                                           Therapeutisches Taschenbuch



Konzept


Auf
 den ersten Blick fällt der, verglichen mit dem Repertorium von Kent viel geringere Umfang des TT46 auf. In Wirklichkeit „ist“ es jedoch viel, viel dicker! Das liegt an einem, noch von Hahnemann autorisierten[4], genialen Kunstgriff v. Bönninghausens, der durch Zergliederung der Symptome in einzelne Symptomenfragmente „einen Weg in das weite Feld der Kombination“ eröffnete, „durch Hervorhebung des Eigentümlichen und Charakteristischen der Mittel nach ihren verschiedenen Beziehungen“. [5]


Durch Zerstückelung der einzelnen Symptome der Mittel und Einordnung der Bruchstücke in verschiedene, von einander getrennte Abteilungen (z.B. a) Lokalisationen
  b) Empfindungen  c) Modalitäten usw.) entstehen im TT46 Rubriken, die durch Grade den geringeren oder größeren Bezug der einzelnen Mittel zu den jeweiligen Lokalisationen, Empfindungen, Modalitäten usw. angeben. Bei der anschließenden Repertorisation dürfen und müssen die einzelnen Abteilungen, die ja Symptomenfragmente sind, rekombiniert werden und ergeben so das gesuchte Symptom. Dabei ist es dann auch möglich Symptome zusammenzusetzen, wie sie noch nie bei Arzneiprüfungen oder selbst bei Heilungen vorgekommen sind, und trotzdem gehören sie, zumindest tendenziell (andere, zum Genius eines Mittels gehörende Eigenschaften, wie z.B. die Angemessenheit für ein bestimmtes Krankheitsstadium oder der grundsätzliche Mittelcharakter bezüglich Wirkungsdauer oder antimiasmatischer Wirksamkeit usw. sind dabei natürlich evtl. noch nicht berücksichtigt) zum Wirkungskreis der in allen Symptomenfragmenten durchgehenden Mittel, insbesondere derjenigen, für die die jeweiligen Fragmente charakteristisch sind.

 In dieser Weise ist das TT46 auch den dicksten anderen Repertorien haushoch überlegen. Wenn es jedoch darum geht, ganz spezielle Symptome, die nicht durch TT46-Rubriken synthetisiert werden können, zu suchen, sind letztere (oder Materia medica Suchprogramme) dann bisweilen aber unentbehrlich. Das TT46 enthält im Vergleich zum Kent wesentlich weniger Mittel (125). Durch die Methodik des TT46, die es ermöglicht den ganzen (zumindest den bekannten) Wirkungskreis der Mittelwirkung auszuschöpfen, kommt man aber in den meisten Fällen mit dieser scheinbar geringen Anzahl aus, wie auch die Heilungen v. Bönninghausens zeigen.


Für Erweiterungen des Mitteltableaus und das Nachschlagen von nicht im TT46 enthaltenen Angaben bieten sich zunächst Bogers „Boenninghausen`s Charakteristics and Repertory“ und „Bönninghausens Repertorium der homöopathischen Arzneimittel und Geniushinweise“ von R. F. Kastner an.


Dass diese Vorgehensweise der Zergliederung und Rekombination des TT46 statthaft ist, hat v. Bönninghausen zunächst an einer, „bloß auf die Polychreste beschränkten Anordnung“ überprüft und dabei „über Erwarten günstige“ Erfahrungen gemacht.
[6]


Dass sich die Heilkraft der homöopathischen Arzneien nicht nur auf beobachtete Prüfungssymptome oder selbst geheilte Symptome beschränkt, sondern nur durch den Genius der Mittel
 limitiert ist, beschreibt v. Bönninghausen anschaulich in einer oben schon zitierten Passage an Hand der Asa foetida über das Studium der Materia medica, bei der das Mittel auch an Lokalisationen heilte, die bisher noch nicht in Prüfungen vorkamen, falls die sonstigen Symptome dem Genius des Mittels
 genau entsprechen und sonst nichts Widersprechendes vorwaltete.[7] Denn bei der Zusammensetzung eines Symptoms durch Kombination von verschiedenen Rubriken des TT46, wird, wie bereits erwähnt, wenn diese Bruchstücke alle für ein Mittel charakteristisch sind, ja letztlich auch nur ein Symptom (obwohl „künstlich“) erzeugt, das dem Genius dieses Mittels zumindest tendenziell entspricht. Dieses Beispiel an Hand der Asa foetida (oder auch das Repertorisationsbeispiel Fall 2 am Ende dieses Büchleins) macht aber auch deutlich, dass ein Mittel bei der Repertorisation nicht automatisch eliminiert werden darf, nur weil es bei einer entsprechenden Lokalisation nicht vorhanden (bzw. noch unbekannt) ist, falls es sonst gut passt.



Einrichtung


Im
 Folgenden in aller Kürze zum besseren Verständnis die grobe Einteilung der Rubriken des TT46, wobei hier aus Platzgründen nicht auf die Unterschiede zur revidierten Fassung (die dort in der Einleitung unter „III. Inhalte der Revision“ leicht nachgelesen werden können) eingegangen werden soll:      

Das TT46 besteht aus sieben getrennten Abteilungen, die wiederum in Unterabteilungen gegliedert sind. Die Unterabteilungen enthalten dann jeweils einige bis viele Rubriken (diese sind hier aus Platzgründen weggelassen):



I.  Gemüt und Geist

(Unterabteilungen: 1. Gemüt  2. Verstand  3. Gedächtnis  4. Benebelung)


II. Körperteile und Organe

(1. Innerer Kopf  2. Äußerer Kopf  3. Augen  4. „Gesicht“ = Sehen  5. Ohren  6. Gehör.....
     .....34. Arme  35. Beine)


III.  Empfindungen und Beschwerden

(1. Äußere und innere Körperteile im Allgemeinen  2.  Drüsen 3. Knochen 4. Haut und Äußeres)


IV.     Schlaf und Träume

(1. Schlaf  2. Träume)


V.      Fieber

(1. Blutlauf  2. Frost  3. Hitze  4. Kälte  5. Schauder  6. Schweiß  7. Zusammengesetze Fieber)


VI.     Änderung des Befindens

(1. Verschlimmerung nach der Zeit 2. Verschlimmerung nach Lage u. Umständen 3. Besserung
     d. Lage u. Umstände)


VII.    Konkordanzen
der homöopathischen Arzneien

(1. Aconitum Napellus .....125. Zincum)



Diese Einteilung ist nicht ganz streng, sondern eher auf das Praktische ausgerichtet:


Die I. Abteilung enthält die Geistes- und Gemütssymptome
, aber auch in der VI. Abteilung bei den Modalitäten und vereinzelt in der III. Abteilung sind solche zu finden. Gegenüber dem „Kent“ und anderen Repertorien ist diese I. Abteilung sehr, sehr knapp gehalten. „Erstwirkung nennt man bei Arzneiprüfungen die, die Lebenskraft verstimmende Arzneikraft, auch „Primärwirkung genannt. Dieser Einwirkung setzt die Lebenskraft den gerade entgegengesetzen Zustand, wo es einen solchen gibt, entgegen, den man „Nachwirkung oder „Gegenwirkung
 nennt.[8] Solche Nachwirkungen verfälschen die Prüfungssymptome und sie seien, nach v. Bönninghausen, nirgends zahlreicher als unter den Gemütssymptomen. Und v. Bönninghausen betont, nur das nach der Ähnlichkeit der Primärwirkungen genau und vollständig entsprechende Heilmittel könne das wahre und einzig hilfreiche Spezifikum sein.[9]


Die starke Zusammenziehung des Wesentlichsten und Vorherrschenden der Geistes- und Gemütssymptome
 der I. Abteilung des TT46 geschah, um Fehler zu vermeiden und das Auffinden zu erleichtern, da „die meisten angehenden Homöopathen diesen Teil eines vollständigen Krankheitsbildes am öftesten zu übersehen pflegen, oder Fehlgriffe machen.
[10]


Die II. Abteilung, die die Lokalisationen
 angibt, enthält an verschiedenen Stellen auch andere dazugehörige Angaben wie z.B. zum Sehen, Hören, Geruchssinn, Aussehen, Hunger u. Appetit, Erbrechen, Stuhl- und Harnbeschaffenheiten usw.


In der III. Abteilung, die die Empfindungen und Beschwerden
 enthält, befinden sich auch Befunde und andere Angaben.


Die V. Abteilung des TT46 enthält die Fieber-Symptome im weitesten Sinne, so z.B. unter „1. Blutlauf“ auch Pulsqualitäten, „Adernkröpfe“ (Krampfadern), Anämie („Blutmangel“).
 Statt der Berücksichtigung der Rubriken der gesamten V. Abteilung des TT46 sollten so weit wie möglich die entsprechenden Rubriken des 18 Jahre später erschienenen und mit wertvollsten Informationen angereicherten Werkes „Versuch einer Homöopathischen Therapie der Wechsel- und anderer Fieber“ (= „WF“) (1864)
 benutzt werden, da sich dieses Werk, wie schon im Titel und auch im Vorwort des WF angegeben, nicht nur auf Wechselfieber, sondern auf alle Erscheinungen des Blutlaufes und Fieberbestandteile im weitesten Sinne bezieht[11]. Gleichzeitig sind viele gleichlautende Rubriken im TT46 und WF z.B. die schon erwähnten „Adernkröpfe“ und „Blutmangel (Anaemia)“ oder auch „Adern-Netze“ oder Pulsqualitäten usw. hervorragende Studienobjekte, in wie weit sich Rubriken und die darin befindlichen Mittel und Mittelgrade durch beinahe zwei Jahrzehnte reichlichster, dokumentierter Erfahrungen verändern.


Zur VI. Abteilung, den Modalitäten
, wurde früher schon unter anderem deren Wichtigkeit erwähnt, auch dass die Anwendung der Modalitäten der meisten Vorsicht bedarf, dass sich Modalitäten nur auf einzelne Erscheinungen oder aber auch mehr auf das Gesamtleiden beziehen können, und dass v. Bönninghausen zu den im TT46 verzeichneten Modalitäten bemerkt, dass diese sich [meist] nicht nur auf einzelne Symptome beziehen, sondern in einer weit ausgedehnteren Beziehung zu dem Gesamtleiden und dessen einzelnen Zeichen stehen, als gewöhnlich geglaubt wird. Bei Anwendung der so wichtigen Modalitäten ist manchmal allerdings viel Arzneimittelkenntnis gefragt, damit man „den Rang einer jeden gehörig in Anschlag bringen“ kann und somit das Beurteilungsvermögen besitzt, welche Modalitäten für die zu behandelnde Krankheit charakteristisch sind, und welche, bei widersprechenden Modalitäten, ggf. dabei einen höheren Stellenwert haben. So würde, um ein beliebtes Beispiel zu wählen, etwa bei einem Krankheitsfall der Arsenicum album benötigt, die allgemeine Verschlimmerung bei Kälte, kalter Luft, kalten Speisen und Getränken und Entblößung bei gleichzeitiger allgemeiner Besserung durch Wärme, warme Luft, Zimmer- und Ofenwärme, warmen Speisen und Getränken und warm Einhüllen der ggf. (lokalen) Verschlimmerung des Kopfschmerzes in der Wärme des Zimmers vorzuziehen sein (wobei sich auch viele Arsenicum-Kopfsymptome durch Wärme u. Einhüllen bessern).


Die VII. Abteilung besteht aus den sog. „Konkordanzen“ („Übereinstimmungen“) und
gibt die Ähnlichkeiten aller 125 im TT46 vorkommenden Mittel, und zwar sogar bezüglich jeder der sechs Abteilungen des TT46, zueinander wieder mit der daraus am Schluss (unter „VII.“) jeweils gezogenen Gesamtähnlichkeit. Für diesen Zweck können auch, noch besser[12], die knapper gehaltenen Verwandtschaften in „Die Körperseiten und Verwandtschaften“ (1853) verwendet werden. Wie schon erwähnt, sollten aufeinanderfolgende Mittel möglichst ähnlich, nur nicht allzu ähnlich sein.


Obwohl jede Abteilung als ein für sich abgeschlossenes Ganze zu betrachten ist, so gibt sie doch jedesmal nur einen Teil eines Symptoms, welches seine Vollständigkeit erst durch ein oder mehrere der andern Abteilungen erhält. Beim Zahnweh z.B. findet sich der Sitz
 des Schmerzes in der zweiten Abteilung, die Art des Schmerzes in der Dritten, die Erhöhung oder Linderung nach Zeit, Lage und Umständen in der Sechsten, und was sonst als Nebenzeichen zur Vollendung des Krankheitsbildes und zur Sicherung der Wahl des Heilmittels nötig ist, lässt sich eben so in den verschiedenen Abteilungen nachschlagen.
[13]

 

 

[1] CK 2. Aufl., 1. Teil, S. 150 (Anfang 1834), zitiert in KMS 327 328 (1844)

[2] TT46 VIII (Oktober 1845)

[3] TT46 V VI (Oktober 1845)

[4] TT46 VII VIII (Oktober 1845)

[5] TT46 VIII (Oktober 1845)

[6] TT46 VIII (Oktober 1845)

[7] KMS 332-334 (1844)
[8] Organon (VI), §§ 63-66, 69, 112, 113
[9] KMS 73 74 (1835) ähnlich: HA XXVII (1853) AHP 555 (1863) indirekt: TT46 VI VII XXII (Oktober 1845)
      KMS 505 (1856)

[10] TT46 XII (Oktober 1845)

[11] WF IV (1864) KMS 787 (1864)

[12] KV 6 (1853)

[13] TT46 XI XII (Oktober 1845)


Beispiel:Berstender Stirnkopfschmerz, < durch Husten, > durch Reiben



Wollte man dieses Symptom mit dem TT46 repertorisieren, würde man folgende Rubriken wählen:

· Lokalisation: II. Abteilung, 1. Innerer Kopf, Rubrik „Vorderkopf“

· Empfindung: III. Abteilung, 1. Äußere und innere Körperteile im Allgemeinen,
Rubrik „Zersprengungsschmerz“

· Modalität 1: VI. Abteilung, 2. Verschlimmerung nach Lage und Umständen, Rubrik
„Beim Husten“

· Modalität 2: VI. Abteilung, 2. Besserung durch Lage und Umstände, Rubrik „Von Reiben“


Die Auswertung (mit dem Computerprogramm der Bönninghausen-Arbeitsgemeinschaft zum
TT2000 Vers. 1.6.5.0) sähe folgendermaßen aus :


Beispielfall 1

Phos

Calc

Bry

Bell

Ign

Caps

Nat-c

Merc

Zinc

Chin

Sulph

Nux-v

Stann

Anzahl der Treffer

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

Summe der Grade

14

14

13

13

12

12

11

11

10

10

10

10

10

Polaritätsdif-ferenzen

3

2

2

1

3

-1

3

1

3

2

2

1

1

Innerer Kopf, Vorderkopf [124] (60)

4

3

3

4

4

4

4

4

3

3

3

4

4

Zersprengungs-schmerz (Auseinander-drücken, -pressen) [102] (1112)

2

4

4

4

4

3

1

2

2

2

1

1

2

< Husten, beim [111] (2159)

4

3

4

4

1

3

2

2

2

3

3

4

2

> Reiben (P) [74] (2584)

4

4

2

1

3

2

4

3

3

2

3

1

2

- < Reiben (P) [44] (2324)

1

2

3

1

2

1

1


Dieses Beispiel soll nur die prinzipielle Vorgehensweise bei der Repertorisation erläutern. Die Lokalisation
 „Innerer Kopf, Vorderkopf“ könnte statt bei Kopfschmerz genauso gut bei einer Missempfindung wie z.B. Ameisenlaufen in der Stirne verwendet werden. Der charakteristische „Zersprengungsschmerz“ könnte, obwohl am häufigsten bei Kopfschmerzen auftretend, auch bei anderen Lokalisationen z.B. im Brustkorb, im Anus oder Rektum, in den Augen, Ohren oder selbst in der Leber für die Repertorisation benutzt werden. In gleicher Weise könnten die Modalitäten „< beim Husten“ und „> durch Reiben“ ebenfalls mit anderen Beschwerden kombiniert werden.

Zum Vergleich: Würde man obiges Beispiel mit Hilfe des „Kent“ repertorisieren, hätte man (als Ungeübter) fast verwirrend viele Möglichkeiten. Eine unvorsichtige Methode bestünde in der Kombination von:


A

1

[Kopf Schmerz berstend Stirne] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Berstend - Stirn (Kent)

B

1

[Kopf Schmerz berstend Husten] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Berstend - Husten, beim (Kent)

C

1

[Kopf Schmerz berstend Reiben] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Berstend - Reiben amel. (Kent)

Arznei

phos

nat-m

caps

bell

spong

sulph

merc

puls

hydr

nux-v

calc

spig

staph

Kriterien

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

Treffer

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

A

0

3

1

2

1

1

3

3

1

2

2

1

1

B

2

3

3

3

2

3

1

1

1

1

1

1

1

C

3

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

  (Repertorisation mit dem Computerprogramm SESAM, Auswertung mit der Standardberechnungsmethode)


Das Symptom „C“ stellt zwar ein sog. Goldkorn des „Kent“ (einziges Mittel und im höchsten Grad) für Phosphorus dar, aber kein Mittel würde mehr „durchlaufen“ und die, nach TT46, durchaus relevante Calcarea wäre abgeschlagen auf Platz 11 (was aber allerdings noch kein „k.o.-Kriterium“ wäre).

Eine andere, schon vorsichtigere, Variante wäre:


A

1

[Kopf Schmerz berstend] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Berstend (Kent)

B

1

[Kopf Schmerz Husten beim] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Husten, beim (Kent)

C

1

[Reiben amel] - Allgemeines - Reiben - amel. (Kent)

D

1

[Kopf Schmerz berstend Stirne] - Kopf - Schmerz, Kopfweh im Allgemeinen - Berstend - Stirn (Kent)


Arznei

merc

caps

calc

bell

zinc

spong

spig

sulph

kali-c

am-c

ars

kali-n

nat-m

Kriterien

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

3

Treffer

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

4

3

A

3

2

3

3

1

2

2

2

1

1

1

1

3

B

2

3

2

3

1

2

2

3

2

1

1

1

3

C

2

2

3

1

2

1

1

2

1

1

2

1

0

D

3

1

2

2

3

1

1

1

2

2

2

1

3


Jetzt hätte sich Mercurius ganz nach vorne geschoben, und Phosphorus wäre dem Blickfeld enteilt, da es bei Symptom „D“ nicht verzeichnet ist.


Ginge man noch vorsichtiger vor und wählte man noch allgemeinere Rubriken, würde man sich damit immer mehr der Methodik und auch den Ergebnissen des TT46 nähern.

Wie schon erwähnt sollte natürlich möglichst nie nach nur einem Symptom, wie in obigem Beilspiel, eine Mittelwahl getroffen werden, sondern nach einem möglichst vollständigen Krankheitsbild.


...dass dabei, wie überall, den Vorschriften der Homöopathie gemäß zu verfahren ist, und dass auch hier alle zu ermittelnde Zeichen zu einem Gesamtkrankheitsbild vereinigt und berücksichtigt werden müssen. Dahin gehören zunächst die veranlassende Ursache, der Körperteil [incl. Erstreckung], das äußere Aussehen der verletzten Stelle, die Art der Empfindungen und Schmerzen, und die Verschlimmerung oder Besserung dieser Letzten nach Zeit, Lage und Umständen, dann aber endlich noch Alles, was von Nebenbeschwerden jeder Art aufzufinden ist.
[1]


...Nicht minder ist der Gemütszustand und Geisteszustand
 wohl zu beachten, besonders in Betreff der Veränderungen, welche bei der Krankheit sich gezeigt haben...
"[2] [Hervorhebungen durch den Bearbeiter].


Je mehr Abteilungen, Unterabteilungen oder Rubriken des TT46 man kombinieren kann, desto vollständiger und damit auch charakteristischer wird das Symptom oder die Symptomengruppe. Die ausgewählten Bestandteile sollten dabei für die zu heilende Krankheit charakteristisch sein, da sonst die Gefahr besteht, dass die Repertorisation zu unscharf wird. Wie bereits besprochen, legt v. Bönninghausen dabei besonderes Gewicht auf die Modalitäten
 und die Nebensymptome, wobei der Wert der Letzteren, wie ebenfalls erwähnt, sehr unterschiedlich ist.

 

 

[1] AHP 377 378 (1863)

[2] KMS 752 (1863)


Begleitende Beschwerden des TT46




Als weitere Besonderheit gegenüber dem "Kent" kommt an einigen Stellen des TT46 die Rubrik "Begleitende Beschwerden" vor.

Diese darin enthaltenen Mittel neigen weit mehr als andere zu sog. „begleitenden Beschwerden“:

·  Dies sind Symptome, die zusammen mit anderen Symptomen erscheinen, oder diesen vorausgehen oder nachfolgen und mit ihnen verbunden sind und eine Symptomengruppe bilden.


Alle Symptome, die zum Wirkungskreis dieses betreffenden Mittels gehören, können dabei als begleitende Beschwerde auftreten, „obwohl die Charakteristischen öfterer als die Andern“ (s.o. unter dem schon abgehandelten Punkt „Begleitende Beschwerden des TT46“ bei der „Mittelwahl“).


Wenn also, um ein Beispiel zu nennen, die verschiedensten Beschwerden immer wieder kurz vor der Monatsblutung auftreten, kann bei der Repertorisation die Rubrik „II. Abteilung, 25. Menstruation, Begleitende Beschwerden, vor der Regel“ verwendet werden. Die Rubrik „VI. Abteilung, 2. Verschlimmerung nach Lage und Umständen, vor dem Monatlichen“ ist identisch (bis auf die Graduierung von Sepia, das ist aber sicher ein Druckfehler) und könnte alternativ verwendet werden.


Innere Teile – Äußere Teile des TT46




An vielen Stellen des TT46 beziehen sich die Symptomenfragmente
 auf sog. „innere Teile“ oder „äußere Teile“ z.B. „Brennen äußerer Teile“ oder „Brennen innerer Teile“ oder „Entzündungen äußerer Teile“, „Entzündungen innerer Teile“.


Für die Repertorisation ist es daher wichtig zu wissen, welche denn genau diese inneren oder äußeren Teile sind. Dies wirft manchmal Probleme auf, da v. Bönninghausen dies nirgends richtig beschrieben hat. In den Schriften v. Bönninghausens finden sich zwar spärliche Hinweise, dabei ist aber nicht immer klar, wie diese gemeint sind, wie bereits vorne unter „Mittelwahl, wichtige zu beachtende Symptome, Punkt 5 b“ bei den Krankheitsursachen (Seite
22) beschrieben. Auf der anderen Seite scheint diese Unterscheidung „Innere Teile/Äußere Teile“ v. Bönninghausen und seinen Zeitgenossen sonnenklar gewesen zu sein, sonst müsste es zu dieser Frage eindeutige Abhandlungen oder Hinweise geben.


Bei Vergleichung geeigneter Mittel in den beiden Rubriken des TT46, III. Abteilung, a) „Beschwerden äußerer Teile vorherrschend“
 und b) „Beschwerden innerer Teile vorherrschend“ ergäbe sich für Euphrasia, die nur in a) (im zweithöchsten Grad) vorhanden ist, und in b) völlig fehlt und bei der Rubrik „Augapfel, überhaupt“ der II. Abteilung im höchsten Grad verzeichnet ist ein Hinweis, dass der Augapfel zu den äußeren Teilen gehört. Allerdings gibt hier z.B. die Arnika bei analogem Vorgehen Rätsel auf, da sie ebenfalls nur in a) und ebenfalls dort im zweithöchsten Grad eingetragen ist, aber zugleich in den Rubriken „Leber“, „innerer Oberbauch“, „innerer Unterbauch“, „Harnblase“, „innere Brust“, „Herz und Herzgegend“ usw. (alles II. Abteilung) jeweils im zweithöchsten Grad vorhanden ist, welche ja eindeutig innere Körperteile sind. Trotzdem scheint der Bezug von Arn zu äußeren Teilen deutlich größer zu sein. Zur Klärung des Problems beitragen könnten evtl. weitere Materia medica Vergleiche von dafür besonders geeigneten Rubriken des TT46 und den darin enthaltenen Mitteln.


Aus den §§ 185 und ff des Organons (V)
, betreffend die Lokalübel, und dabei besonders § 185 in Verbindung mit § 188 (auch §§ 187, 196, 197, 199 u.a.) könnte man eventuell schließen, dass die äußeren Teile alle solche sind, die man unmittelbar sehen und anfassen und direkt untersuchen kann, und auch äußerlich behandeln (und misshandeln) könnte (vgl. dazu auch KMS 625). 


Die Grade des TT46




V. Bönninghausen
 betont im Vorwort des TT46:


Bei der großen Menge der, unter fast jeder Rubrik vorkommenden Mittel war es für beide Zwecke [für die Repertorisation und für das MM-Studium] unerläßlich, durch Verschiedenheit des Drucks den verschiedenen Wert anzudeuten, wie in meinen früheren Repertorien geschah und welches H a h n e m a n n  wiederholt als ein notwendiges Erfordernis bezeichnete.
[1]


Dann folgt zunächst die Erklärung der vier wesentlichsten Grade, indem der höchste Grad „die oberste, ausgezeichnetste, am öftesten zutreffende Stelle“ einnimmt, der zweihöchste Grad sei „weniger ausgezeichnet, aber doch noch sowohl durch die Charakteristik der Mittel, als durch die Praxis vorzugsweise bewährt.“ Hierauf bezieht sich auch eine Stelle weiter unten im Vorwort, wo es, wie schon beim Studium der AML zitiert, heißt "... nach der Ordnung dieses Taschenbuchs jedesmal alle, durch die oben erläuterte Auszeichnung des Drucks bezeichneten charakteristischen Zeichen...“.


Daraus geht hervor, dass die höchste und die zweithöchste Kategorie die charakteristischen Zeichen
 sind. Noch untergeordneteren Ranges seien dann, absteigend, die beiden niedrigeren Wertstufen, und die (übrigens nur selten vorkommende) niedrigste Wertstufe, mit eingeklammerten Mitteln, sei zweifelhaft. Im TT2000 und im dazugehörigen Computerprogramm ist diese unterste, zweifelhafte Stufe deshalb weggelassen, so dass sich vier Grade (1. bis 4. Grad, aufsteigend) ergeben (Zu den Höherwertungen des obersten Grades im TT2000, siehe dort und weiter unten in dieser Abhandlung).


In dem früheren Repertorium v. Bönninghausens beschreibt er noch, dass der niederste Grad unzweifelhafte Prüfungssymptome betrifft, der nächsthöhere Grad wiederholt aufgetretene Prüfungssymptome markiert, der nächst höhere Grad durch Heilungen zusätzlich bestätigt sei, und der höchste Grad bei wiederholten Bestätigungen durch Heilungen vergeben wurde.
[2]


Es ist aber eher nicht wahrscheinlich, dass v. Bönninghausen dieser Messlatte genau so auch beim TT46 treu blieb, denn das, was v. Bönninghausen im Vorwort des TT46 über die Grade schreibt, klingt anders. Der dritte Grad wird als „sowohl durch die Charakteristik der Mittel, als durch die Praxis vorzugsweise bewährt“ bezeichnet, was mehr ist, als vielleicht nur einmal durch Heilung bestätigte wiederholte Prüfungssymptome im Vorwort zur ersten Ausgabe des SRA im Mai 1832. Dies wäre auch nicht verwunderlich, denn im TT46 befinden sich ja auch viele Symptome und Zeichen, die nie bei Prüfungen aufgetreten waren, sondern nur aus praktischer Erfahrung in das Repertorium aufgenommen wurden.


Dazu ist noch zu bemerken, dass v. Bönninghausen sehr vorsichtig war im Erteilen von „Bestnoten“, und sich bei der Gradeinstufung wahrscheinlich nur auf die AML und eigene, ausgedehnte Erfahrungen verlassen hat, was eben seine Graduierung ziemlich zuverlässig macht.
 Natürlich schließt dies jedoch nicht Höherwertungen und Herabstufungen im Zuge weiterer Erfahrungen aus, wie oben bei der Fieber-Abteilung des TT46 beschrieben.


Wie sorgfältig und vorsichtig v. Bönninghausen später bei den Nachträgen klinischer Symptome in sein Repertorium vorging, beschreibt Carroll Dunham in einem, im „Philadelphia Journal of Homoeopathy“ abgedruckten Brief vom 6. September 1855.
[3] Falls in einer Krankengeschichte ein markantes Symptom erschien, das bisher noch keinem homöopathischen Medikament zuzuordnen war, trug er dieses in ein separates, eigens für diesen Zweck bestimmtes Buch, zusammen mit dem gegebenen Mittel und dem Resultat der Verordnung. Innerhalb von einigen Monaten hatte er meist Gelegenheit, die Beobachtung zu wiederholen und eine weitere Anmerkung wurde der früheren hinzugefügt. Falls die Ergebnisse mehrerer dieser Beobachtungen übereinstimmten, wurde dieses Symptom mit einem Fragezeichen unter dem Mittel vermerkt, das es zu heilen schien. Wenn dann spätere Beobachtungen diese Vermutung bestätigten, notierte er diese Zuordnung als klinisches Symptom schließlich in sein Repertorium.

 

 

[1] TT46 IX (Oktober 1845)

[2] SRA XVI XVII (1833)

[3] "Philadelphia Journal of Homoeopathy" 4 (November 1855, Nr. VIII) S. 450-451


Die mit „BD“ gekennzeichneten Nachträge im TT2000



In der, von Dr. Klaus-Henning Gypser herausgegebenen und von einer Arbeitsgemeinschaft bearbeiteten, sehr verdienstvollen Fassung des TT46, der „Revidierten Ausgabe“ (Sonntag Verlag in MVS Medizinverlage, Stuttgart, 2000, 2002, 2006 ) finden sich viele wertvolle Ergänzungen aus Veröffentlichungen v. Bönninghausens nach 1840 (da das Manuskript für das TT46 evtl. im Jahre 1840 begonnen wurde). Neben vielen authentischen Nachträgen gibt es auch Nachträge aus einer vermuteten Kopie des verbrannten Handexemplars v. Bönninghausens in seiner letzten Fassung. Die Nachträge auf Grund dieser Kopie sind alle mit „BD“ (für „Bönninghausen via Dunham“) gekennzeichnet. Diese Kopie scheint mir allerdings leider eher nicht eine von Clemens Maria v. Bönninghausens Handexemplar letzter Fassung zu sein, und damit wären die mit „BD“ gekennzeichneten Nachträge leider nicht authentisch. Gegen eine Urheberschaft Clemens Maria v. Bönninghausens sprechen einige Indizien.


Wie in der Einleitung des TT2000, Seiten XLIX ff, angegeben ist, hospitierte Dr. Caroll Dunham einmal 1851 und das zweite Mal 1855 bei Clemens Maria v. Bönninghausen. Während dieses letzten Aufenthaltes übertrug demnach Dr. Dunham alle Ergänzungen des v. Bönninghausenschen Handexemplars des „Therapeutischen Taschenbuches“ in seine eigene Ausgabe. Obwohl bis heute diese sog. „Dunham-Kopie“ nicht mehr im Original aufgetaucht ist, finden sich (nach Angabe Bogers) die (mit Sternchen gekennzeichneten) Rubriken davon in der ersten Ausgabe von Dr. Cyrus Maxwell Bogers „Boenninghausens Characteristics and Repertory“ (Parkersburg, W. VA., 1905)
[1] , im Folgenden „BBCR 1905“ genannt. Somit müssten diese Sternchen-Rubriken den Erkenntnisstand v. Bönninghausens von 1855 darstellen (oder sogar noch später, falls darin noch weitere Nachträge v. Bönninghausens enthalten sein sollten, wie ebenfalls in der Einleitung des TT2000, Seite L angegeben ist).


Nach eigenen Vergleichen zahlreicher Sternchen-Rubriken des BBCR 1905 mit von v. Bönninghausen zu verschiedenen Zeiten veröffentlichten Rubriken und Angaben, ergab sich mir diesbezüglich jedoch kein einheitliches Bild, auch unter der Berücksichtigung, dass eine zeitliche Zuordnung dadurch sehr erschwert wird, dass neben Aufwertungen von Graden auch Abwertungen zu späteren Zeitpunkten stattfinden können. Eindeutig scheinen die Sternchen-Rubriken des BBCR 1905 aktueller zu sein als das TT46 und – im Allgemeinen – auch glaubwürdig. Beim Vergleich mit Rubriken des HA (1853) scheinen die BBCR 1905 Rubriken jedoch öfter weniger aktuell zu sein als diese, seltener aber auch aktueller.


Mehrere Indizien weisen darauf hin, dass die BBCR 1905-Sternchen-Rubriken jedenfalls nicht dem neuesten Stand der Erfahrungen v. Bönninghausens entsprechen, man vergleiche nur einmal die Rubriken der Arbeit „Einiges über seltnere Arten von Hustenauswurf“ von 1856 (AHZ 53, H. 10, KMS 517-523) mit denen des TT46 und des BBCR 1905 !


Beim stichprobenartigen Vergleich von Mittelgraden im TT46, im BBCR 1905 und im TT2000 fällt auf, dass öfters bei Mitteln nicht nur Gradaufwertungen sondern auch Gradabwertungen vom TT46 zum BBCR 1905 vorkommen, was ja auch nach Jahren weiterer Erfahrung plausibel ist. Nicht sehr plausibel – die Verlässlichkeit der BBCR 1905-Sternchen-Rubriken allerdings vorausgesetzt – scheint es mir aber zu sein, wenn ein, auf Grund mehrjähriger Erfahrung zunächst um mindestens einen Grad abgewertetes Mittel dann bei dem BD-Nachtrag im TT2000 nun um mindestens zwei Grade von v. Bönninghausen wieder aufgewertet erscheint, vor allem nicht, wenn dies an mehreren oder vielen Stellen so ist, weil man dann Übertragungs- und Druckfehler oder größere erfahrungsbedingte Ausnahmen als Ursache wahrscheinlich ausschließen kann. Hier müsste man dann diese späteren starken Aufwertungen eher anderen Quellen zuordnen (allerdings wäre eben auch eine Fehlhaftigkeit der entsprechenden BBCR 1905-Sternchen Rubriken denkbar). So sind, um nur einige Beispiele zu nennen, bei folgenden Rubriken vom TT46 zum BBCR 1905 und weiter zum TT2000/BD bei folgenden Mitteln zunächst Abwertungen und dann überproportionale Aufwertungen erfolgt (in Klammern die jeweiligen Grade):

 

Rubrik   Wasserzusammenlaufen im Mund (Würmerbeseigen)“ (TT46, S. 57; BBCR 1905, S. 358, 359; TT2000, Rubrik 405):

Ars (3)TT46 (2)BBCR 1905  (4)TT2000/BD;   Carb-v (3)(2)(4);   Lyc (4)(2)(5);
Nat-c (3)
(2)(4);   Petr (3)(2)(4);   Phos (3)(2)(4);   Rhus-t (3)(2)
(4);
Sulf (4)
(2)(5).

Rubrik     Fallsucht (Epilepsie)“ (TT46, S. 151; BBCR 1905, S. 583; TT2000, Rubrik 926):

Ars (3)(2)(4);    Cic (4)(2)(5);    Hyos (4)(2)(5);    Plb (3)(2)(4).

Rubrik     < nach dem Essen“ (TT46, S. 314; BBCR 1905, S. 742, 743; TT2000, Rubrik 2072):

Am-m (3)(2)(4);   Ars (3)(2)(4);   Cham (3)(2)(4);   Nux-v (4)(2)(5);
Puls (3)
(2)(4);    Rhus-t (3)(2)(4);    Zinc (3)(2)(4).

Rubrik   < durch geistige Getränke/Alkoholika“ (TT46, S. 321; BBCR 1905, S. 747; TT2000, Rubrik 2218):

Ars (3)(2)(4);   Calc (3)(2)(4);   Ign (3)(2)(4);   Lach (4)(3)(5);
Nat-c (3)
(2)(4).

Es ließen sich sicher bei weiteren Stichproben noch viel mehr Beispiele anführen.


Dass die „BD“-Kopie wohl nicht dem Kenntnisstand v. Bönninghausens in seinen letzten Jahren entspricht, scheint mir schon wegen folgenden wenigen Beispielen sehr wahrscheinlich:


Vergleicht man die Rubrik Nr. 1895 „Schweiß mit Angst“ des TT2000, in der gegenüber dem TT46 nur eine Änderung, die Hinzufügung von Fl-acBD enthalten ist, mit der entsprechenden Rubrik in WF 192 (Stand 1862 od. 1863), so bemerkt man dort, in WF 192, zahlreiche Mittelergänzungen und Gradänderungen, bei übrigens Abwesenheit von Fl-ac. Diese große Unähnlichkeit der Rubrik im TT2000 und im WF 192 spricht gegen die Authentizität der „BD“-Kopie.
[2]


Beim Vergleich der Rubrik „Puls zitternd“ in WF 70 71 mit der gleichlautenden Rubrik Nr. 1163 des TT2000 sind anscheinend keine der zahlreichen Neuerungen gegenüber dem TT46 in der BD-Kopie vorhanden.


Bei der Rubrik „Krampfadern“ TT2000 Nr. 1143 findet sich – abgesehen von der Aufwertung von Sil wegen AHP 397 (Sil 2- auf 3-wertig) – nur eine Änderung gegenüber dem TT46, nämlich die Einfügung von Fl-acBD (3-wertig ), dies ist zwar sachlich gerechtfertigt aber genau diese Ergänzung fehlt in WF 61 „Adernkröpfe (Wehadern)“, während aber viele Änderungen in der Graduierung gegenüber dem TT46 /TT2000 BD in dieser Rubrik des WF enthalten sind, so ist z.B. Thuj vom zweiten auf den vierten Grad aufgewertet (und Sil wieder im alten zweiten Grad vertreten).


Auch eine ganze Reihe von anderen Rubriken des WF, die sicher nicht nur bei Wechselfiebern gültig sind, sind den gleichlautenden Rubriken des TT46/TT2000 (bei denen es anscheinend keinerlei BD-Ergänzungen der Kopie gibt) sehr unähnlich, ganz besonders z.B. „Adern-Netze (wie marmoriert)“ WF 60, „Adernauftreibung“ WF 60, „Adernentzündung“ WF 61, „Adernkältegefühl“ WF 61 usw. usf.


Inwiefern die Rubriken der vermuteten BD-Kopie mit denen des oben schon angesprochenen Artikels „Einiges über seltnere Arten von Hustenauswurf“ von 1856 übereinstimmen, wäre interessant, lässt sich aber leider von mir nicht beurteilen, da diese Arbeit v. Bönninghausens im TT2000 mit eingearbeitet ist. Ähnliches gilt für die vielen Angaben im Artikel „Über Bewegung und Ruhe“ (KMS 733-744) von 1862.


In der (ausschließlichen) BD-Rubrik (Nr. 2462 BD) „Zahnen“, die übrigens fast identisch mit der (Nicht-Sternchen-) Rubrik des BBCR 1905 S. 741 ist, fehlt bei beiden Rubriken Borax, obwohl v. Bönninghausen dieses Mittel 1856 mit zu den hilfreichsten Mitteln beim Zahnen rechnet.
[3]


Diese kurzen Ausführungen wurden gemacht, um den Blick für einige eventuell problematische Punkte zu schärfen und eine wünschenswerte fachliche Diskussion anzuregen, ausdrücklich aber nicht, um den großen Wert der Arbeit, die hinter dem TT2000 (und dem hervorragenden Computerprogramm dazu) steckt, irgendwie zu schmälern. Sehr positiv ist, dass die Veränderungen durch die BD-Kopie dort jeweils sauber gekennzeichnet sind.


Wenn auch durchaus z.T. Höherwertungen oder Ergänzungen bei den BD-Nachträgen im TT2000 sachlich gerechtfertigt sein können, scheint es mir jedoch besser, wenn es um die Urheberschaft v. Bönninghausens bei Rubriken oder Mittelgraden geht, vorerst hilfsweise mit den (leider auch nicht immer völlig über jeden Zweifel erhabenen) BBCR 1905 Stern-Rubriken, und damit einem etwas neueren Kenntnisstand v. Bönninghausens gegenüber dem TT46, vorlieb zu nehmen, so lange nicht eine sicher authentische Kopie des Handexemplars letzter Hand vorliegt, und wo nicht spätere Veröffentlichungen v. Bönninghausens Gradänderungen und Mittelerweiterungen (wie z.B. ganz auffallend in der o. g. Rubrik „Adernnetze, wie marmorierte Haut“ in WF 61) rechtfertigen.

 

 

[1] s. dort im Vorwort, Seiten V, XI und C. Hering, „Analytical Repertory Of The Symptoms Of The Mind“ 2. Auflage,
      Reprint B. Jain Publishers Pvt. Ltd., New Delhi, 1990, S. 16
[2] Die Rubrik „Schweiß mit Angst“ in WF 192 ist sicherlich, aus schon – bei der V. Abteilung des TT46 – beschriebenen
      Gründen, nicht nur bei Wechselfiebern anwendbar.

[3] KMS 510 (1856)


Allgemeines



Grundsätzlich ist immer zu bedenken, dass manche Mittel im TT46 auch fehlen oder wie z.B. Apis (neu im TT2000) oder evtl. Lach, Mag-c, Nat-m und Thuj und noch einige andere (z.B. Brom, Fl-ac, Merc-c, Mill, Psor, Symph, Tab – alle neu im TT2000) unterrepräsentiert sein können. Manche, damals noch nicht ausreichend bekannte und erprobte Mittel nahm v. Bönninghausen absichtlich nicht auf, da er „...nicht gern Sicheres und Erprobtes mit Zweifelhaftem und Unbewährtem vermengen mochte.
[1]


Da im TT46 die Erfahrungen der internationalen Homöopathie späterer Zeiten fehlen, empfiehlt es sich bei so manchen Rubriken, allerdings unter kritischer Würdigung der jeweiligen Quellen, im konkreten Fall weitere relevante Mittel zu berücksichtigen. Auch v. Bönninghausens eigene spätere Veröffentlichungen sind dabei natürlich von besonderer Wichtigkeit und z.B. in „Bönninghausens Repertorium der homöopathischen Arzneimittel und Geniushinweise“ von Raimund Friedrich Kastner nachzuschlagen.


Auf jeden Fall sollte man, wie auch bei anderen Repertorien gewohnt, nach der Repertorisation und vor der Mittelwahl unbedingt die Materia medica befragen. Wegen der vielen, durchaus sehr wertvollen, in das TT46 eingearbeiteten Erfahrungen v. Bönninghausens, wird man dabei jedoch nicht immer ausreichend fündig, was der Heilung aber nicht unbedingt Abbruch tun muss.


Als Vorteile des TT46 sind z.B. die Verlässlichkeit zu nennen, und dass bei symptomenarmen Fällen oft noch erstaunlicherweise eine Repertorisation möglich ist. Außerdem werden durch die Kombination von Symptomenfragmenten auch Mittel einbezogen, die in anderen Repertorien herausfallen würden, außer man nähme bei diesen die jeweiligen Oberrubriken, was dann aber häufig zu großer Unschärfe führen würde. Übrigens sind manche der im Materia medica – Teil des VHA, als ein Kompendium der allerwichtigsten und (in der Kombination) charakteristischen Symptome der damals (Oktober 1835) gut geprüften Mittel, verzeichneten Symptome des jeweiligen Mittels, im Kent`schen Repertorium nur im niedrigsten Grad – oder gar nicht – enthalten!

 

[1] TT46 XVII (Oktober 1845)


Fallbeispiele


 

Ein historischer Fall 1               Dr. Ernst Stapf:


„Herr Sch., 68 Jahre, litt seit länger als einem Jahr an folgenden Beschwerden:


Nach dem geringsten Genuß irgend einer Speise oder eines Getränkes, oft ehe es noch den Magen erreicht haben kann, befällt ihn ein heftiges Würgen, wobei er das eben Genossene erbricht, worauf dann ein zäher Schleim, oft Galle folgt. Auch außer dem Essen wird er oft von heftigem Aufstoßen essigsaurer und bitterer Flüssigkeit und nachfolgendem Herauswürgen von Schleim und Galle befallen. In der Magengegend hat er fast ununterbrochen einen heftigen, brennenden Schmerz, der bisweilen so stark wird, daß er sich zusammenkrümmen muß; dabei unbeschreibliche Angst und Unruhe. Fast beständig Durst. Der Unterleib ist etwas gespannt; die Lebergegend nicht besonders aufgetrieben. Stuhlgang nur einmal in 24 Stunden, oft noch seltener und hart. Meist einen Tag um den andern ein schnell vorübergehender Fieberschauder, selbst bei heißer Witterung, worauf Hitze und auf diese Schweiß folgt, mit großer Hinfälligkeit und Übligkeit. – Meist eine Nacht um die andere sehr unruhiger Schlaf, ängstlich, traumvoll, Schweiß. Der früher sehr kräftige, wohlgebaute Kranke ist jetzt sehr hinfällig, mager, bleich. Gemütsstimmung niedergeschlagen, ängstlich, hoffnungslos.“


Obwohl dieser Fall natürlich auch alleine durch Materia medica Kenntnis gelöst werden kann, hier die Repertorisation, wobei dann schon fast erstaunt, dass Bell und Bry so gut „mitlaufen“.


 

Ein historischer Fall 1

Ars

Bell

Bry

Rhus

Ign

Merc

Cocc

Puls

Verat

Chin

Sulph

Nux-v

Sep

Cham

Anzahl der Treffer

19

18

18

18

18

18

18

17

17

17

17

17

17

17

Summe der Grade

64

55

54

48

48

42

34

52

51

50

50

50

48

46

Polaritätsdifferenzen

3

2

5

1

-1

3

1

0

3

2

2

0

2

6

Innerer Bauch, Magen

H

4

2

4

3

4

2

3

4

4

3

4

4

3

2

Brennen innerer Teile

H

3

4

4

3

2

4

2

2

3

3

4

4

4

2

Angst, Furcht, Schreck-haftigkeit

B

4

4

3

3

3

2

3

4

3

1

3

3

3

4

Unruhe, körperliche

B

3

4

3

4

3

4

2

1

2

3

1

3

4

3

Erbrechen allg.

H

4

3

4

1

3

2

1

4

4

3

4

4

3

4

< Essen, beim (P)

H

2

2

2

1

2

2

3

3

2

1

1

1

3

3

< Trinken, beim

H

1

4

3

2

1

2

1

1

Brechwürgen

H

2

4

3

1

1

1

1

3

3

3

2

3

1

Erbrechen, schleimig

H

3

3

2

3

3

1

4

3

3

2

3

3

Erbrechen, gallig (bitter)

H

4

3

4

1

3

4

1

4

4

3

3

4

4

4

< periodisch

N

4

2

2

3

3

1

1

3

3

4

3

3

3

Schlaf, unruhiger

N

4

3

3

4

3

2

1

3

2

4

4

3

3

3

Schlaf, ängstlicher

N

4

3

2

1

3

2

1

Schauder, allg.

N

4

4

2

4

3

4

4

4

3

3

3

3

3

3

Fieber, Frost->Hitze-> Schweiß

N

3

3

3

3

1

2

3

2

2

1

1

1

Durst (P)

N

4

3

4

3

2

4

1

2

3

4

4

3

2

4

Schwäche (Hinfälligkeit, Kraftlosigkeit, Mattigk.)

N

4

3

3

4

3

1

2

3

4

4

3

4

4

3

Gesichtsfarbe, blaß

N

4

2

3

3

2

1

3

3

3

4

4

3

4

2

Hoffnungslosigkeit (Verzweiflung)

G

3

2

2

3

4

2

1*

3

2

3

1

2

3

-> Essen, beim (P)

1

1

4

2

1

1

1

1

2

1

- Durstlosigkeit (P)

3

2

1

2

1

1

2

4

2

2

2

2

3


(Auswertung: Computerprogramm der Bönninghausen-Arbeitsgemeinschaft zum TT2000 Vers. 1.6.5.0)

H = Hauptbeschwerde                B = Begleitsymptom        N = Nebenbeschwerde

G = verändertes Gemütssymptom  (P) = Polaritätssymptom

* = mit „BD“ gekennzeichneter Nachtrag im TT2000 (s. weiter oben)

Nur zu Lehrzwecken wurden die Symptome nachträglich mit H, B, N und G markiert.


Analyse
:


Es wurden fast alle Symptome des Krankheitsfalles für die Analyse verwendet, weil keines dabei ganz unwichtig ist. Trotzdem ist die Wertigkeit der einzelnen Symptome und Zeichen natürlich unterschiedlich.


Auffallend sind die unbeschreibliche Angst (diese wäre auch gleichzeitig ein verändertes Gemütssymptom) und Unruhe als Begleitsymptom zu den heftigen Magenschmerzen, obwohl dies natürlich durch die Heftigkeit der Schmerzen etwas relativiert wird. Aufgewertet werden diese zwei Begleitsymptome dadurch, dass sie, eben als Begleitsymptom, (anscheinend) in fester Verbindung mit dem Hauptsymptom auftreten, mit diesem eine Symptomengruppe bilden und dem Genius des Heilmittels entsprechen.


Auffällig ist auch die Periodizität durch das Auftreten bei gleich zwei verschiedenen Nebenbeschwerden, „meist jeden 2. Tag“. Die spezielle Periodizität „< jeden 2. Tag“ findet sich z.B. hochwertig in Bogers Synoptic Key (dort auch Chin im allerhöchsten Grad, Nux-v, Puls u. Rhus-t jeweils 1-wertig). Generell ist das „Durchlaufen“ eines Mittels durch die ganze Symptomenreihe wichtig, sind dies nur wenige Mittel, so betrachtet man noch mindestens diejenigen, bei denen ein Symptom fehlt.


Hier ist der Fall natürlich ziemlich eindeutig, da viele Symptome dem Genius von Arsenik entsprechen und keine Gegenanzeigen vorhanden sind, da „Durstlosigkeit“ 3-wertig für das Symptom „Durst“ 4-wertig keine Gegenanzeige darstellt. Ausgeprägte, veränderte Gemütssymptome (Angst, Hoffnungslosigkeit) sind ganz besonders zu beachten. Dieser Fall demonstriert auch eine vollständige, dabei aber (vermutlich) von allem Überflüssigem entledigte Anamnese (es ist anzunehmen, dass Stapf hier nur die relevantesten Symptome berichtet hat).


Arsenicum album, 2 Globuli C 400, mit einer Gabe 2 Globuli C 800 vier Wochen später heilte gründlich.


Nachbeobachtungszeit
: „mehrere Monate“ (was nicht sehr lange ist, hier aber durch die eindeutige Symptomatik und die Art des Heilverlaufs ziemlich sicher ausreichend)


 

Ein historischer Fall 2          C. v. Bönninghausen:

 


„C. V. zu V., ein ziemlich robustes Mädchen von 23 Jahren, leidet seit 5 Jahren an Epilepsie , welche alle 2 bis 3 Tage einen Anfall macht, vor und nach der Periode aber am heftigsten ist. Bei den Anfällen springt sie oftmals auf mit verschlossenen Augen, und die Brust und Herzgrube färben sich dabei bläulich, bei Absterben der Finger. Außer den Anfällen klagt sie beständig über Brennen in der Brust und im Unterleibe, während sie übrigens stets friert, und die Periode erscheint zu spät und zu wenig. Am 18. Mai 1835 gab ich ihr, wo eben die Periode vorüber war, eine Gabe Puls C 30, 2 Globuli und am 22. Mai eine Gabe Cupr C 30, 2 Globuli, wonach kein Anfall wiederkehrte und das ganze Leiden dauerhaft gehoben war.“ [Hervorhebungen wie im Original]

 

 

Ein historischer Fall 2

Puls

Nat-m

Phos

Calc

Nux-v

Bry

Lyc

Merc

Con

Cupr

Verat

Rhus

Sulph

Sil

Anzahl der Treffer

14

14

14

14

14

14

13

13

13

13

13

13

12

12

Summe der Grade

42

40

38

38

38

31

41

34

29

29

29

29

42

33

Polaritätsdifferenzen

5

3

-2

-5

-6

-2

4

3

7

5

0

-4

4

3

Fallsucht (Epilepse)

1

1

3

1

4

3

1

3

1

2

4

1

2

4

3

< Regelblutung, vor

2

4

3

3

4

1

1

4

3

3

4

4

1

4

2

< Regelblutung, nach

3

2*

5*

3

2

5*

1

3

2

2

1

1

1

1

Hautfarbe, bläulich

4

1

2

1

1

2

1

3

3

3

4

1

3

Äußere Brust allg.

5

3

2

4

3

3

3

3

2

2

1

3

3

4

2

Äußerer Bauch, Epi-gastrium (Herzgrube)

6

3

4

1

3

2

4

3

1

Absterben einzelner Teile

7

2

2

2

3

3

1

2

2

2

1

1

2

2

1

Finger

8

4

3

3

3

2

1

4

3

1

2

2

4

4

4

Brennen innerer Teile

9

2

1

4

3

4

4

3

4

1

3

3

3

4

3

Innere Brust allg.

10

4

2

4

3

3

4

3

2

2

1

2

3

4

2

Innerer Bauch, Unterleib allg.

11

4

2

3

3

4

3

3

3

2

2

3

4

4

2

Frostigkeit, leichtes Frieren

12

4

4

4

3

4

4

3

3

1

2

3

3

4

Menstr. Regelblutung,

späte (P)

13

4

4

2

2

1

2

4

3

4

4

2

1

4

4

Menstr. Regelblutung, schwache (P)

14

4

3

3

1

1

1

3

3

4

2

1

1

4

3

-Menstr. Regelblutung, frühe (P)

1

1

4

4

4

2

1

1

2

4

2

2

-Menstr. Regelblutung, starke (P)

2

3

3

4

4

3

2

3

1

1

2

2

2

 

(Auswertung: Computerprogramm der Bönninghausen-Arbeitsgemeinschaft zum TT2000 Vers. 1.6.5.0)

     * = mit „BD“ gekennzeichneter Nachtrag im TT2000 (s. weiter oben)


Zu Lehrzwecken wurden die Symptome durchnummeriert und einige Zellen der Auswertungstabelle durch grauen Hintergrund markiert (bei der Analyse besonders zu beachten).


Analyse
:


Hier wurden einfach alle genannten Symptome der Reihe nach in das Programm eingegeben. Dies ist hier für die Analyse des Falles hilfreich, soll aber nicht als allgemeines Rezept für die Repertorisation dienen, obwohl es bei einer vollständigen und von allem Unwesentlichen befreiten Anamnese nicht falsch ist.


Hier fällt auf, dass v. Bönninghausen zuerst ein Vorausmittel gibt und dann das eigentliche Heilmittel. Wie in der Auswertungstabelle schön zu sehen ist, entspricht die Puls vor allem der wichtigen Menses-Symptomatik und auch sonst noch einigen Punkten, was sie bei der schematischen Repertorisation ganz nach vorne bringt, jedoch kaum der Hauptbeschwerde, der Epilepsie. So hat sie die Symptome 1 und 4 nur im niedrigsten Grad. Das Hauptmittel Cupr rangiert ganz unauffällig bei dieser Auswertung auf Rang 10, (läuft dabei aber doch noch fast durch). Wenn man jedoch die für das Hauptsymptom wichtigen Symptome 1 und 4 (ein ganz eigentümliches Begleitsymptom des Anfalles) betrachtet, ist Cupr hochwertig vertreten. Die Bläue (explizit) der Herzgrube lässt sich hier zwar nicht synthetisieren, sie findet sich aber sogar genau so (an Brust und Herzgrube bei Epilepsie) in Herings „Guiding Symptoms“.


Ein weiterer Materia medica Vergleich unterstreicht die Angemessenheit von Cupr: großer Bezug allgemein zur Epilepsie und überhaupt zu Krämpfen, allgemein zur Bläue, blau bei Konvulsionen, außerdem „verschlossene Augen“ VHA und Brennen an vielen v.a. inneren aber auch äußeren Teilen, unter anderem auch in Brust und Bauch. Das Absterben der Finger bei den Anfällen entspricht einem Krampf der Blutgefäße. Weder Puls noch Cupr haben wesentliche Gegenanzeigen, was bei Phos, Calc, Nux-v und Bry nicht (so) zutrifft. Obwohl die epileptischen Anfälle jeden 2. oder 3. Tag auftreten, würde ich hier eher ein häufiges, wiederkehrendes Auftreten als eine Periodizität sehen. Lyc entspricht in auffallend vielen Punkten hochrangig bei der Auswertung und hat keine relevanten Gegenanzeigen, hat aber keinen (im TT46) oder weniger (im Complete-Repertory) Bezug zur (wichtigen) Bläue der Haut. Nat-m, Con und Sil könnten noch differenzialdiagnostisch mit Cupr verglichen werden.


Bei den Konkordanzen, den Ähnlichkeiten der Mittel im TT46, ist Cupr bei der Gesamtauswertung (nachzuschlagen bei Puls unter VII.) noch nicht vertreten, in den Verwandtschaften des KV (1853) ist Cupr bei Puls jedoch bereits im höchsten Grad eingetragen (als ähnliches Folgemittel).