Diät und Störungen der homöopathischen Kur



Nach der Erfahrung v. Bönninghausens ist es durchaus unmöglich, dass ein Kranker sich nach der allopathischen und der homöopathischen Methode zugleich
 behandeln lässt
.[1]


Warnhinweis: Ob und in wieweit und wie schnell im konkreten Einzelfall ggf. allopathische (oder andere) Arzneimittel beim Patienten abgesetzt oder reduziert werden können, muss ausschließlich der jeweilige Behandler in Eigenverantwortung selbst entscheiden. Auch Patienten müssen vorher unbedingt ihren Behandler zu Rate ziehen, da ein eigenmächtiges Absetzen oder eine Dosisredu-zierung von Medikamenten gefährlich sein kann !


·        ...dass jede, auf den lebenden Organismus einwirkende, die Lebenskraft auf die eine oder andere Weise affizierende Potenz eine vorgängige Andere entweder vollständig vernichtet, oder mindestens wesentlich stört und verändert. Aus dieser, zum Grundsatz erhobenen Erfahrung ergibt sich unzweifelhaft die wichtige Schlussfolge: dass in allen Fällen, wo eine volle und ungestörte Einwirkung irgend einer Arznei auf den lebenden Organismus beabsichtigt wird, die einer jeden Anderen gänzlich vermieden werden muss...[darin] liegt sowohl die Begründung als auch das Wesen und der Umfang der ganzen homöopathischen Diät. Es gehört mithin nicht allein dazu die Vermeidung jeglicher anderen Arznei, sie möge Namen haben wie sie wolle, sondern auch alles anderen Arzneikräftigen, was irgend vermögend sein kann, eine Veränderung des Befindens hervorzurufen, von den verschiedenen Genüssen und Gemütsbewegungen an bis zu Kleidung, Wohnung und dergleichen Lebensbedürfnissen herab, mit der selbstverständlichen Maßgabe, dass in dem bisher Gewohnten nur etwa dasjenige beseitigt werden muss, was wahrscheinlich oder gewiss auf Geist oder Körper einen derartigen Einfluß zu üben im Stande ist.[2]       

Homöopathische Diät 1833:

o   „Gelindeste“ homöopathische Diät (üblich bei chronischen Krankheiten) : keine innerlichen oder äußerlichen Arzneien, kein Kaffee, kein „starker“ Tee, keine „hitzigen Getränke[3] , keine ausländischen Gewürze, keine starken Gerüche, besonders nicht des Kampfers.[4]

o   Außer dem Kaffee verbietet v. Bönninghausen auch „Kaffee, welcher aus Eicheln, Cichorien, oder der schwedischen Kaffeewicke bereitet wird.[5]

o   Weniger [als Kaffee] nachteilig, aber dennoch nur selten erlaubt ist der gewöhnliche chinesische Tee, gleichviel ob grüner oder brauner Tee.[6] Nicht minder gehören die Teeaufgüsse von Fliederblüten, Kamille, Baldrian, Ehrenpreis, Schafgarbe, Melisse, Pfefferminze, Fenchel, Anis, Quecken, Libersche Kräuter, Brusttee, Isländisches Moos usw. zu den durchaus verbotenen Genüssen, indem sie sämtlich mehr oder weniger Arzneikräfte besitzen, und ebenfalls die homöopathische Gabe in ihrer Wirkung aufheben würden.[7] [Nicht kursive Hervorhebung durch den Bearbeiter]

o   Bei unnatürlich gesteigerter Empfänglichkeit für die die Lebenskraft verstimmenden Einflüsse muss die Diät strenger gehandhabt werden.[8]

o   Bei Hautkrankheiten sind besonders Schweinefleisch, Entenfleisch und Gänsefleisch nachteilig.[9]

·  Milch ist an und für sich gesund und unschädlich. Milchunverträglichkeit ist daher ein Krankheitssymptom. Die Arzneikraft gefressener Kräuter oder die Kraft schädlicher Gemütsbewegungen oder die Krankheitskraft geht aber auf die Milch über. Ziegen fressen manche für den Menschen sehr arzneiliche und giftige Pflanzen und sind überdies leicht zu Zorn und Ärger zu reizen. Ziegenmilch ist daher für Kranke nachteilig, was nicht einmal durch Abkochung völlig unschädlich gemacht werden kann.[10] 

 

·   Glücklicherweise gibt es bei der Diät auch noch einen Lichtblick:

Eine mangelhafte Diät, die namentlich in Städten und bei den höheren Ständen oft die beste Kur verdirbt, schadet immer weniger, je höher die Dynamisation gesteigert ist, und am wenigsten dann, wenn die feine Gabe, in Wasser aufgelöst, und jedesmal aufs Neue geschüttelt, mehrere Tage nacheinander genommen wird.[11]

Dies bezieht sich hier zwar auf C-Hochpotenzen, ist aber wohl auch für Q-Potenzen gültig.

·        Wo durch Mangel an Esslust oder Trinklust deutlich zu erkennen gegeben wird, dass kein Bedürfnis dazu vorhanden ist, wird der Rat erteilt, den Kranken durchaus nicht, weder durch unzeitiges Nötigen, noch durch besondere Leckerei zu Genüssen zu verleiten, welche einem solchen deutlichen Fingerzeig der Natur geradezu widersprechen, und in der Regel dem Patienten zu großem Nachteil gereichen.[12]

Und ganz allgemein gilt bezüglich der erlaubten Quantität (unarzneilicher) Nahrungsmittel: „...In bei weitem den meisten Fällen gibt die Natur und das Verlangen des Kranken den richtigen Maßstab ab, und nur unter seltenen Umständen hat der Arzt nötig, dabei abweichende Vorschriften zu erteilen.[13]

·        Zur Reinigung der Zähne bediene sich der Kranke des reinen Wassers, und der nicht allzu fein gepulverten Holzkohle oder Brotkohle, ohne Zusatz von Parfümerien.Anmerkung: „Wo die Zähne durch solche leichte Vorrichtung nicht gereinigt werden können und sich fortwährend sogenannter Weinstein, Schleim und dergleichen ansetzt, da liegt immer ein inneres Siechtum zum Grunde, ohne dessen gründliche Heilung jede äußere Behandlung mindestens fruchtlos ist.[14] [Nicht kursive Hervorhebung durch den Bearbeiter]


 

 

[1] HOM 269 270 (1833)

[2] AHP 17 18 (1863)
[3] "Hitzige Getränke" = im Inneren des Körpers starke Wärmeempfindung verursachende Getränke, Krünitz, Oekonomische Encyclopädie, 1773-1858
[4] HOM 268 (1833) u. Anm. (Verweis auf strengere Vorschriften in Organon (V) § 260 Anm.!) HDI 7 (1833)
[5] HOM 279 (1833)
[6] Grüner bzw. schwarzer Tee scheint weniger streng als die Folgenden verboten zu sein, da er nicht kursiv (im Original: gesperrt) gedruckt ist. Nach der Erklärung von HOM 269 sind die kursiv (im Original gesperrt) gedruckten Dinge möglichst ganz zu vermeiden.[7] HOM 279 (1833)
[8] HOM 269 (1833)
[9] HOM 276 (1833)
[10] AHP 342 343 (1863)

[11] KMS 612 (1859)

[12] AHP 18 (1863)

[13] AHP 27 28 (1863)

[14] HOM 274 u. Anm. (1833)